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       # taz.de -- Kommentar zur EU-Krise: Nicht Griechenland ist das Problem
       
       > Wer auf eine offene Debatte über die Euro-Rettung für die schwächeren
       > Mitglieder hoffte, wurde bitter enttäuscht. Nichts dergleichen ist
       > passiert.
       
   IMG Bild: Eher selten einer Meinung: Matteo Renzi (l.), François Hollande (M.) und Angela Merkel am 8. Oktober 2014.
       
       Wieder einmal ist es Griechenland, das Europa in eine tiefe Krise zu
       stürzen droht. So war es schon 2010/2011, als das Land sich gegen die
       harten Sparvorgaben sträubte, als die damalige Regierung ein Referendum
       wollte und darüber stürzte – auf Druck aus Brüssel, Berlin und Paris. Genau
       den gleichen Film bekommen wir auch heute wieder zu sehen.
       
       Doch es ist der falsche Film, auch wenn die Rhetorik von den
       „Ansteckungsgefahren für andere Länder“ weiter den Eindruck nährt, wirklich
       schlimm stehe es nur um Griechenland, dem wahren Infektionsherd. Auch wenn
       die Konfrontation von 18 gegen 1 in der Eurogruppe das Bild schafft, eine
       große, geschlossene Gemeinschaft stehe gegen den einen, isolierten Sünder.
       
       Nein, die Eurokrise beginnt nicht in Griechenland, und sie wird auch dort
       nicht enden. Die Verwerfungen in der Währungsunion wurzeln viel tiefer. Sie
       liegen in der tiefen Asymmetrie zwischen den Volkswirtschaften des harten
       Kerns Europas und den Ökonomien in der südlichen Peripherie.
       
       Mit dem Euro werde automatisch „Konvergenz“ einziehen, hieß es vor gut 15
       Jahren, doch das Gegenteil war der Fall. Und die globale Finanzmarktkrise
       legte 2008 das enorme Gefälle in der Konkurrenzfähigkeit endgültig offen.
       
       ## Stimme für Wende in Europa
       
       Sehr einfach war dann die Antwort, die Merkel-Deutschland durchsetzen
       konnte: Die Krise sei zu lösen, wenn die anderen „uns“ nacheiferten, immer
       neuen Vorgaben gehorchten und endlich „ihre Hausaufgaben“ machten. Das
       haben sie getan – doch die Austerität hat im Süden Europas tiefe Spuren
       hinterlassen. Italien etwa büßte 25 Prozent seiner Industrieproduktion ein
       und hat heute eine Jugendarbeitslosigkeit von 43 Prozent.
       
       Daher schien es, Italien könne unter Matteo Renzi wie Frankreich unter
       François Hollande zur lauten Stimme für eine Wende in Europa werden. Doch
       wer auf eine offene europäische Debatte über die Frage gehofft hatte, wie
       der Euro nachhaltig auch für die schwächeren Mitglieder der Währungsunion
       gestaltet werden kann, wurde bitter enttäuscht. Nichts dergleichen
       passierte.
       
       Denn in Rom oder Paris ist die Angst zu groß, den Konflikt mit Deutschland
       und in Folge das Misstrauen der Märkte zu riskieren. Angela Merkels
       Vorgabenpolitik hat auf ganzer Linie gesiegt, vorneweg gegen Griechenland
       tatsächlich aber gegen die Zukunft der EU.
       
       30 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Braun
       
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