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       # taz.de -- Politik der Abschottung: Flüchtlinge abwehren um jeden Preis
       
       > Serbien, Ungarn und Österreich einigen sich auf gemeinsame
       > Grenzpatrouillen. Auch die organisierte Kriminalität soll bekämpft
       > werden.
       
   IMG Bild: Flüchtlinge in Ungarn in der Nähe von Szeged, rund 170 Kilometer von Budapest.
       
       Wien taz | Gemeinsame Patrouillen an der ungarisch-serbischen Grenze sollen
       den Flüchtlingsstrom über Ungarn in die EU bremsen. Das vereinbarten die
       Innenminister von Ungarn und Serbien mit ihrer österreichischen
       Amtskollegin am Dienstag in Budapest. Österreich will im Rahmen dieses
       Abkommens die Anzahl seiner Polizisten an der Grenze zu Serbien verdoppeln.
       
       Eine gemeinsame Ermittlergruppe werde „die organisierten Verbrechergruppen,
       die den Menschenhandel begünstigen“, zu eliminieren trachten, wie das
       ungarische Innenministerium in einer Presseaussendung bekannt gab. Ungarns
       Innenminister Sándor Pintér sprach von einer „modernen Völkerwanderung“,
       die dieses Jahr 67.000 Asylsuchende nach Ungarn gespült habe.
       
       Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner betonte die Notwendigkeit
       einer „österreichisch-ungarischen Achse“ in der Migrationsfrage. Und
       Serbiens Innenminister Nebojsa Stefanovic nutzte das Treffen, um die
       EU-Ambitionen seines Landes in Erinnerung zu rufen. Belgrad werde
       dementsprechend auftreten und an der Migrationslast teilhaben. Österreich
       bot an, das versprochene Kontingent von 40 Polizisten für die gemeinsame
       Grenzkontrolle auf 80 zu verdoppeln. Ein Teil soll auch an der
       serbisch-mazedonischen Grenze eingesetzt werden.
       
       Nach den Verstimmungen der vergangenen Woche herrschte demonstrative
       Eintracht bei der Abwehr von Flüchtlingen. Ungarn hatte am 23. Juni das
       Dublin-III-Protokoll suspendiert, um Rückschiebungen von in Ungarn
       registrierten Flüchtlingen zu verhindern. Österreich rief darauf die
       EU-Kommission an, die Ungarn daran erinnerte, dass kein Mitglied einseitig
       aus den Verträgen ausscheren könne. Darauf ruderte Außenminister Péter
       Szijjártó zurück. Serbien war verärgert, weil Ungarn den Bau eines 175
       Kilometer langen Grenzzauns entlang der gemeinsamen Grenze angekündigt
       hatte, ohne Belgrad zu konsultieren.
       
       ## Menschenunwürdige Verhältnisse
       
       Ungarn verzeichnet zwar in den vergangenen Monaten die meisten Flüchtlinge
       in der EU, doch ziehen die meisten schnell weiter. Denn das Land unternimmt
       alles, um möglichst wenig attraktiv zu erscheinen. So gleichen die
       Flüchtlingslager eher Internierungslagern.
       
       Das größte liegt in der ostungarischen Stadt Debrecen, wo vergangenen
       Montag eine Revolte losbrach, die in Attacken auf Polizeifahrzeuge
       gipfelte. Asylwerber sollen vorbeifahrende Autos mit Steinen und Flaschen
       beworfen und Müll angezündet haben. Die Polizei schritt mit Tränengas ein
       und nahm mindestens einen Mann fest. Als Ursache wurde von offizieller
       Seite ein „religiöser Konflikt“ angegeben.
       
       Das für 800 Personen gedachte Lager beherbergt derzeit etwa die doppelte
       Anzahl an Personen. Zeugen berichten von menschenunwürdigen Verhältnissen,
       schlechter Nahrung, Misshandlungen. Den Kindern werde kein Unterricht
       angeboten, wie die UNO-Flüchtlingskommission UNHCR kritisierte.
       
       Der österreichische Verwaltungsgerichtshof untersagte kürzlich die
       Rückschiebung einer afghanischen Familie nach Ungarn, weil dort selbst über
       Familien mit Kindern sogenannte asylrechtliche Haft verhängt werde. Sie
       würden, so der Bericht eines österreichischen Verbindungsbeamten an das
       Innenministerium in Wien, in Gefängnisse eingesperrt.
       
       1 Jul 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Leonhard
       
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