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       # taz.de -- Urheberrechte von Fotos: CC ist nicht OK
       
       > Wer im Internet welches Foto nutzen darf, ist kompliziert. Ein Museum
       > geht juristisch gegen Wikipedia und kleinere Seitenbetreiber vor.
       
   IMG Bild: Die Mona Lisa im Pariser Louvre. Ist die Eins-zu-Eins-Fotografie eines Kunstwerkes schutzwürdig?
       
       Den Nachwuchs für Musik und Theater interessieren, junge Menschen und
       Experten zueinander bringen: das kleine Online-Portal [1][“Musical & Co.“]
       hat sich über Jahre hinweg genau dafür engagiert. Wer dieser Tage aber die
       Seite aufruft, findet nur noch ein paar Zeilen vor, „mit großem Bedauern“
       unterzeichnet: „Wegen der Überprüfung unserer Quellen ist die junge,
       musikalische Mitmach-Webseite für Kinder und Jugendliche geschlossen.“
       
       Das Musiktheater-Portal ist derzeit in einen Rechtsstreit verwickelt, so
       wie bis vor ein paar Tagen noch [2][detektor.fm], ein Leipziger
       Radiosender. Der sendet zwar noch, hat aber ebenfalls Post von einem
       Berliner Rechtsanwalt bekommen. Der Streit dreht sich um ein Bild das den
       Komponisten Richard Wagner zeigt. Gemalt hat ihn Caesar Willich – ungefähr
       1862.
       
       Das ist lange her und künstlerische Werke sind 70 Jahre nach dem Tod eines
       Autors hierzulande gemeinfrei. So verbreitet dann auch Wikipedia das
       Gemälde – genauer gesagt natürlich: ein Foto davon – unter einer
       sogenannten Creative-Commons-Lizenz, die mit ein paar Einschränkungen eine
       kostenfreie Nutzung ermöglicht. Eigentlich.
       
       Die große Frage ist nun: Dürfen die das überhaupt?
       
       Das Original gehört den Mannheimer [3][Reiss-Engelhorn-Museen]. Ein
       Hausfotograf hat es vor etwa 23 Jahren abgelichtet. „Wir als Rechteinhaber
       wären alleine dazu berechtigt, die Fotografie unter eine CC-Lizenz zu
       stellen“, sagt eine Museums-Sprecherin. „Dies haben wir jedoch nicht
       getan.“
       
       ## Nicht urheberrechtlich schutzfähig
       
       Das Mannheimer Museum beteuert, sich „zunächst mehrfach“ an Wikimedia
       gewandt zu haben, den Verein, der das Online-Lexikon trägt. „Wir haben
       hierauf jedoch keine Antwort erhalten“, berichtet die Museums-Sprecherin.
       Deshalb habe man schließlich Klage gegen Wikimedia eingereicht.
       
       Wikimedia Deutschland reagierte zwar bis zum Donnerstagabend nicht auf
       Fragen der taz zu diesem Fall. Auf der Seite von [4][Wikimedia Commons]
       heißt es aber unter dem Bild: „Nach hier vertretener Auffassung ist diese
       Fotografie des Gemäldes nicht urheberrechtlich schutzfähig. Die
       Reiß-Engelhorn-Museen Mannheim gehen derzeit dennoch gegen Nutzer des Fotos
       vor.“
       
       Ist eine Eins-zu-Eins-Fotografie eines Kunstwerks schutzwürdig? Marcus
       Engert, Redaktionsleiter von detektor.fm, hat dazu Fachliteratur gewälzt
       und geht nun „nicht davon aus, dass das neue Kunst ist“. Die Frage, ob neue
       Kunst entstehe, sei zudem „nicht an den technischen Aufwand“ einer
       Fotografie geknüpft. „Aber das Museum sieht das anders.“
       
       ## Kein Recht, eine Pflicht
       
       Warum aber will ein Museum, das zur Stadt gehört, überhaupt Geld für solche
       Fotos – immerhin hat der Bürger doch den Museumsbetrieb bereits bezahlt?
       Das Museum verweist auf das „öffentlich-rechtliche Kostendeckungsprinzip“.
       Es sei „nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet (...) angemessene
       Gebührensätze“ zu verlangen.
       
       Der Streit um das Wagner-Gemälde zeigt, wie unsicher nach wie vor die
       Nutzung von Bildern ist, die unter sogenannter CC-Lizenz verbreitet werden.
       Wikimedia hat im Zweifel die Mittel, einen Rechtsstreit durch- und nicht
       zuletzt das Risiko auszuhalten, einen Prozess zu verlieren. Einzelne
       Seitenbetreiber aber fürchten hohe Kosten.
       
       Das Musiktheater-Portal ist erst mal offline, die Leipziger Radiomacher
       wiederum haben sich inzwischen per Unterlassungserklärung verpflichtet, das
       besagte Foto nicht weiter zu verbreiten. Damit einher geht eine Rechnung
       von mehreren hundert Euro.
       
       Marcus Engert von detektor.fm spricht zerknirscht von „dem Weg mit dem
       geringsten potenziellen Schaden“. Er macht damit einen Haken an das
       Problem. Wikimedia aber zieht seine Sache offenbar durch: Das Foto steht
       weiterhin auf der Seite. Es sieht so aus, als würde die Angelegenheit vor
       Gericht landen.
       
       2 Jul 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.musical-co.net/
   DIR [2] http://detektor.fm/
   DIR [3] http://www.rem-mannheim.de/
   DIR [4] http://commons.wikimedia.org/wiki/Main_Page
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bouhs
       
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