URI: 
       # taz.de -- Politischer Umbau in Nigeria: Die ungeduldige Nation
       
       > Beinahe alles wurde dem neuen Präsidenten Buhari zugetraut: der Sieg
       > gegen Boko Haram etwa. Schnell gibt es nun eine erste Ernüchterung.
       
   IMG Bild: Präsident der Ankündigungen: Muhammadu Buhari.
       
       Abuja taz | Ein paar Wochen lang galt Nigerias neuer Präsident Muhammadu
       Buhari als einer, der tatsächlich frischen Wind ins Land bringt. Egal, ob
       Korruptionsbekämpfung, Verbesserung der Stromversorgung oder das Ende der
       Terrorgruppe Boko Haram: Viele Bewohner trauten dem 72-Jährigen, der im
       März Nigerias Wahlen gewann und am 29. Mai ins Amt eingeführt wurde, zu, so
       gut wie alle Schwierigkeiten in kürzester Zeit lösen zu können. Doch
       mittlerweile sorgt Buhari immer häufiger für lange Gesichter.
       
       Die ersten Staatsbesuche im Ausland hat Buhari zwar schon hinter sich, und
       seine Sprecher veröffentlichen im Akkord neue Ankündigungen und Ziele ihres
       Chefs. Doch eine Regierung hat er noch nicht gebildet. Bis es tatsächlich
       soweit ist, könnte es September werden, heißt es jetzt.
       
       Gerade für potenzielle Investoren gilt das als problematisch, weil
       Ansprechpartner fehlen. Dabei liegt Nigerias Wirtschaft unter anderem wegen
       des gefallenen Ölpreises seit Monaten am Boden, die Inflation hingegen
       steigt und in den kommenden Monaten könnten Grundnahrungsmittel wie Yams
       und Garri (Grieß aus Maniok) noch teurer werden.
       
       Es heißt, dass Buhari vor einer Regierungsbildung viele Ministerien
       grundlegend umstrukturieren will. Nigerias Staatsapparat gilt als extrem
       aufgebläht, da aus jedem der 36 Bundesstaaten ein Kabinettsmitglied kommen
       soll. Um das zu gewährleisten, haben einige Ministerien sogenannte
       „Staatsminister“, damit tatsächlich jede Provinz von Abia bis Zamfara
       vertreten ist. Darüber hinaus gibt es in den einzelnen Ministerien viele
       weitere gut dotierte Posten zur Versorgung politischer Freunde. Buhari, so
       wird gerade gerne im Land kolportiert, soll sich während seines Besuches in
       Deutschland zum G7-Gipfel Anfang Juni Ideen für einen schlankeren Staat
       geholt haben.
       
       ## Blick auf die Wahlversprechen
       
       Buhari will sich keinen Fehltritt erlauben und gerade im Ausland sein Image
       nicht gefährden. Geht er zu entschlossen vor, weckt er Erinnerungen an
       seine letzte Zeit an der Staatsspitze – als Militärdiktator von Silvester
       1983 bis 1985, als er nicht nur mit „harter Hand“ regierte, sondern auch
       mit Streik- und Demonstrationsverboten und der Inhaftierung von
       Oppositionellen. So weit soll es diesmal nicht kommen.
       
       Anders als damals gibt es in Nigeria heute eine selbstbewusste
       Zivilgesellschaft, die den Regierenden auf die Finger guckt. Idayat Hassans
       „Zentrum für Entwicklung und Demokratie“ (CDD) in Abuja hat ein
       „Buharimeter“ entwickelt hat. Die Idee lehnt sich an das „Mackymeter“ aus
       Senegal an, auf dem die Einhaltung der Wahlversprechen des 2012 gewählten
       Präsidenten Macky Sall verfolgt und von den Usern bewertet wird.
       
       Anders als auf [1][www.mackymetre.com] hat sich auf der Homepage
       [2][www.buharimeter.ng] allerdings noch nicht viel getan. Ziel ist es, die
       vielen Wahlversprechen Buharis aufzulisten und deren Umsetzung zu prüfen.
       Sie sind thematisch unterteilt. Im Bereich Korruption, ein Kernthem im
       Wahlkampf, war eine der Zusagen beispielsweise, eine nationale
       Anti-Korruptions-Strategie zu entwickeln und präsentieren. Derzeit heißt
       der Status „nicht bewertet“.
       
       ## Demokratieförderung über Onlineplattformen
       
       Idayat Hassan geht nicht davon aus, dass das schwierig. „Wir werden es
       merken, wenn die Krankenhäuser bessere Dienstleistungen anbieten und die
       Schulen besser funktionieren“, ist sie optimistisch. Deshalb sind alle
       eingeladen, sich am Buharimeter zu beteiligen. Wer Beobachtungen – egal, ob
       positiv oder negativ – macht, soll sich an die Betreiber der Seite wenden.
       
       Ohnehin will Hassan nicht nur Buhari und dessen künftiges Kabinett in die
       Pflicht nehmen. „Wandel bedeutet nicht nur die APC-Regierung. Die ganze
       Nation muss sich ändern. Das heißt auch, dass wir uns von der ganzen
       kleinen Korruption verabschieden müssen. Wir haben gerade eine gute
       Möglichkeit, die Demokratie zu stärken“, sagt sie. Sie ist davon überzeugt,
       dass eine Online-Plattform dabei gute Dienste tut. Noch nie hätten soziale
       Netzwerke bei einer Wahl eine solch große Rolle gespielt wie 2015.
       
       Wie groß deren Wirkung sein kann, zeigte im vergangenen Jahr die
       Twitter-Kampagne #BringBackOurGirls für die von der Terrorgruppe Boko Haram
       entführten Schulmädchen, die den damaligen Präsidenten Goodluck Jonathan
       wegen seines Nichtstuns öffentlich in die Enge trieb und möglicherweise zu
       seiner Wahlniederlage beitrug.
       
       Mit einer Einschätzung von Buhari halten sich die Aktivisten von „Bring
       Back Our Girls“ derzeit noch zurück. Rotimi Olawale verweist auf den
       kommenden Mittwoch, an dem die Gruppe ein Gespräch mit dem neuen
       Präsidenten hat. Vor dem Treffen findet vorsichtshalber ein Protestmarsch
       statt.
       
       6 Jul 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.mackymetre.com/
   DIR [2] http://www.buharimeter.ng
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katrin Gänsler
       
       ## TAGS
       
   DIR Muhammadu Buhari
   DIR Nigeria
   DIR Boko Haram
   DIR Nigeria
   DIR Afrika
   DIR Nigeria
   DIR Goodluck Jonathan
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Boko Haram in Nigeria: Über 50 Tote bei Anschlag
       
       Nigerias neuer Präsident hat dem Islamistenterror den Kampf angesagt – aber
       bisher ohne Erfolg. Mehrere Selbstmordattentäterinnen zünden Bomben.
       
   DIR Themen beim G-7-Gipfel: Nur am Rande
       
       Die Themen Afrika, Frauen, Umweltschutz und Gesundheit laufen auf dem
       G-7-Gipfel zwar nur am Rande. Trotzdem sind sie wichtig.
       
   DIR Kampf gegen Dschihadisten in Nigeria: Boko Harams blutige Antwort
       
       Seit der Vereidigung von Präsident Buhari gibt es täglich neue Anschläge.
       Boko Haram führt einen Großangriff auf Maiduguri im Norden.
       
   DIR Neuer Präsident in Nigeria: Warten auf den Retter
       
       Er soll die Korruption bekämpfen und die von Boko Haram entführten Mädchen
       finden. Nigeria hofft auf Muhammadu Buhari.
       
   DIR Machtwechsel in Nigeria: Feierlaune nach der Wahl
       
       Der abgewählte Präsident Goodluck Jonathan erkennt seine Niederlage an.
       Wahlsieger Muhammadu Buhari ruft zur Einheit auf.