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       # taz.de -- Kommentar Rücktritt Jannis Varoufakis: Die Rolle des Rambo ist zu Ende
       
       > Mit seinen verbalen Aggressionen reagierte Varoufakis auf die
       > strukturelle Gewalt der Gläubiger. Zu Recht. Um seine Zukunft muss er
       > sich nicht sorgen.
       
   IMG Bild: Und Abgang: Jannis Varoufakis.
       
       Es ist nur konsequent, dass der griechische Finanzminister [1][Jannis
       Varoufakis zurückgetreten] ist. Seine Rolle ist zu Ende – und er hat sie
       mit Bravour erfüllt. Er hat den Rambo gegegeben, der die Gewissheiten der
       Eurozone aufsprengt.
       
       Varoufakis hat polarisiert und auch polemisiert. In seinem letzten
       Interview nannte er die Troika „Terroristen“. Mit seiner verbalen
       Aggression reagierte er auf die strukturelle Gewalt der Gläubiger, die
       Griechenland permanent neue Sparprogramme verordnen, die das Land verarmen
       lassen. Varoufakis wollte zumindest sprachlich Waffengleichheit herstellen.
       
       Die Rollenverteilung zwischen Varoufakis und dem griechischen Premier
       Tsipras war klar: Die beiden führten das klassische Good Cop/Bad
       Cop-Theater auf. Auf den Eurogipfeln gab Tsipras den freundlichen Kumpel,
       während Varoufakis seine Expertise als Volkswirt zur Schau stellte. Dabei
       trat er als nerviger Besserwisser auf, was seinem Naturell durchaus
       entspricht.
       
       In deutschen Medien wird gern der Eindruck erzeugt, die Griechen hätten
       mehr Zugeständnisse herausholen können, wenn Varoufakis nicht so penetrant
       gewesen wäre. Doch es war genau anders herum: Die Griechen benötigten
       zumindest ein Delegationsmitglied, das so richtig unangenehm werden konnte.
       
       Denn sonst hätten die Gläubiger niemals zugehört. In ihrer Machtfülle
       hatten sie der neuen Syriza-Regierung die gleiche Rolle zugedacht, die auch
       schon die konservativen Vorgänger unter Samaras zu spielen hatten: Als
       brave Schüler sollten sie ihre „Hausaufgaben“ machen. Syriza hatte also
       keine Chance – und nutzte sie.
       
       ## Er wird nicht mehr gebraucht
       
       Varoufakis wusste von Anfang an, dass dieser Kurs mit seiner Demission
       enden würde. Er war noch keine sechs Wochen an der Macht, da sagte er in
       einem Interview über sich und seinen Chef Tsipras: „Wir kleben noch nicht
       an unseren Stühlen.“ Auch ein Referendum brachte er schon damals ins
       Gespräch.
       
       In Griechenland wurde seit Monaten spekuliert, dass Varoufakis abtreten
       würde, sobald das zweite Hilfsprogramm ausläuft. Also Anfang Juli. Und so
       ist es gekommen. Denn Varoufakis wird nicht mehr gebraucht. Verbale
       Attacken sind überflüssig und schädlich, wenn die maximale Eskalationsstufe
       sowieso erreicht ist.
       
       Jetzt muss die Eurozone entscheiden, ob sie den Griechen ein Angebot machen
       will, das sich Angebot nennen lässt. Dafür ist Tsipras richtig, der nach
       dem Referendum sofort in die Rolle des umsichtigen Staatsmannes geschlüpft
       ist.
       
       Um seine Zukunft muss sich Varoufakis keine Sorgen machen: Die fünf Monate
       als griechischer Finanzminister haben seinen „Marktwert“ als Vortragsredner
       enorm gesteigert. Außerdem hat er genug Stoff für ein neues Buch, das schon
       angekündigt ist und garantiert ein Bestseller wird. Für Varoufakis war sein
       Gastspiel als Finanzminister eine Win-Win-Situation.
       
       Zum Glück. Denn auch der Rest der Eurozone kann dankbar sein, dass
       Varoufakis den Wahnsinn des Sparkurses so hartnäckig attackiert hat. Aber
       es wird noch dauern, bis diese Einsicht außerhalb Griechenlands eine Chance
       hat.
       
       6 Jul 2015
       
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