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       # taz.de -- Frühes Moorburg-Ende in Sicht: Ein Meiler als Mahnmal
       
       > Dem Vattenfall-Kohlekraftwerk Moorburg droht ein frühes Ende. Das
       > Wasserurteil des EuGH könnte die Kühlwasserentnahme verhindern.
       
   IMG Bild: Sportlich und kreativ gegen den Klimakiller: Wasserdemo am Samstag vor dem Meiler Moorburg.
       
       Das Steinkohlekraftwerk Moorburg des Vattenfall-Konzerns sei „unbestreitbar
       eine irrwitzige Investitionsruine“, sagt Manfred Braasch, Hamburger
       Geschäftsführer des Umweltverbandes BUND. „Es ragt wie ein Mahnmal des
       Gestrigen aus der dynamischen Energiewende im Norden.“ Zumal dem Meiler an
       der Süderelbe neues Ungemach droht. Denn das Urteil des Europäischen
       Gerichtshofes (EuGH) vor zwei Wochen zur Wasserrechtsrahmenrichtlinie hat
       nicht nur direkte Auswirkungen auf die Verfahren zur Vertiefung von Weser
       und Elbe, sondern auch auf den Betrieb des Schwarzen Rauchers im Hamburger
       Süden.
       
       Seit Februar ist ein Kraftwerksblock im Betrieb, der zweite soll in Kürze
       folgen. Beide werden vorwiegend mit Elbwasser gekühlt, im Vollbetrieb
       können das bis zu 64 Kubikmeter pro Sekunde sein. Das aber hatte bereits
       das Oberverwaltungsgericht Hamburg 2013 auf Klage des BUND untersagt, die
       Revision liegt derzeit beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Dieses
       müsste nun das EuGH-Urteil auf Moorburg anwenden, und das macht Braasch
       Hoffnung. Der Betrieb könne nur mit einer Ausnahmegenehmigung „im
       übergeordneten öffentlichen Interesse“ erfolgen, und die sei
       unwahrscheinlich.
       
       Denn der EuGH hat eine strikte Auslegung des Wasserrechts vorgenommen.
       Danach dürfe sich der ökologische Zustand eines Gewässers durch menschliche
       Eingriffe nicht verschlechtern. Eine „Verschlechterung“, und dies ist die
       wesentliche Definition der Luxemburger Richter, trete bereits dann ein,
       wenn nur ein einziger von mehreren Parametern betroffen sei – etwa die
       Fließgeschwindigkeit, der Salzgehalt oder auch der Sauerstoffhaushalt.
       
       Und der sinkt ohnehin in warmen Sommern und auch dadurch, dass der
       Rückfluss des Kühlwassers um rund drei Grad wärmer ist als das entnommene
       Wasser. Deshalb muss die Kühlung mit Elbwasser schon jetzt bei 25 Grad
       Wassertemperatur abgeschaltet werden. Wegen des EuGH-Spruchs müssten die
       Leipziger Bundesrichter im Revisionsverfahren die Flusswasserkühlung
       grundsätzlich untersagen, hofft Braasch. Eine Ausnahmegenehmigung kann er
       sich nicht vorstellen, „weil das Kraftwerk eine privatwirtschaftliche,
       gewinnorientierte Anlage ist“. Folglich könne das geforderte „überwiegende
       öffentliche Interesse“ nicht vorliegen, sagt Braasch: „Dann müsste es
       abgeschaltet werden.“ Oder nur noch mit dem alternativ zur Verfügung
       stehenden Hybridkühlturm betrieben werden.
       
       Der aber wird von Vattenfall nur im Notfall – etwa bei zu warmem Elbwasser
       – eingesetzt. Im Dauerbetrieb würde er den ohnehin mageren Wirkungsgrad des
       Meilers von etwa 46 Prozent auf etwa 44 Prozent senken: Der größte Teil der
       eingesetzten Energie qualmt sinnfrei aus den Schornsteinen. Damit würde
       zugleich die Wirtschaftlichkeit des Meilers noch weiter sinken. Und deshalb
       war schon im vorigen Herbst aus dem Konzern zu hören, dass „wir das
       Kraftwerk heute nicht mehr bauen würden“.
       
       Diese Erkenntnis hätten sich die etwa 50 Umweltaktivisten von Robin Wood
       und Gegenstrom Hamburg früher gewünscht: Sie demonstrierten am Sonnabend
       mit Kanus und Kajaks auf der Süderelbe gegen den „Klimakiller Moorburg“.
       
       12 Jul 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven-Michael Veit
       
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