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       # taz.de -- Kunst trainiert für Olympia: „Prozess sinnvoll mitgestalten“
       
       > Kampnagel-Intendantin Amélie Deuflhard erklärt, warum sie sich trotz
       > Kritik in die Olympia-Planung des Senats einbeziehen lässt.
       
   IMG Bild: Transport von Joseph Thoraks Pferden: Kunst und Olympische Spiele haben gemeinsame Geschichten.
       
       taz: Frau Deuflhard, versucht der Hamburger Senat, die Kulturszene für die
       Olympiabewerbung zu vereinnahmen? 
       
       Amelie Deuflhard: Das müssen Sie den Senat fragen. Aber es ist klar, dass
       der Senat versucht, viele Player dieser Stadt, also auch kritische Menschen
       und Leistungsträger, einzubinden. Und das ist ja erst mal eine gute Sache.
       
       Geht es darum, KritikerInnen zu integrieren, um ihnen den Wind aus den
       Segeln zu nehmen? 
       
       Kritik, bevor sie richtig aufkommt, zu integrieren: Das macht der
       Kapitalismus ja immer schon so. Diese Strategie, die zum Kapitalismus
       dazugehört, verwendet der Senat auch.
       
       Sie lassen sich also instrumentalisieren? 
       
       Ich finde es besser, mitzugestalten, als sich von Anfang an rauszuziehen.
       Jedenfalls in meiner Position. Nicht wenige Künstler, mit denen wir
       zusammenarbeiten, sind eher auf der Seite der Olympia-Gegner. Dafür habe
       ich auch Verständnis.
       
       Aber? 
       
       Aber erst Mal kann man ja auch versuchen, den Prozess sinnvoll
       mitzugestalten. Positiv finde ich zum Beispiel, dass nicht sofort Agenturen
       eingeschaltet werden und über die lokale Kulturszene hinweg entschieden
       wird. Institutionen und Einzelpersonen sind dazu eingeladen, selbst Ideen
       zu entwickeln. Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich da gerne
       mitgestalte, den Prozess aber auch kritisch begleiten werde.
       
       Sie lehnen Olympische Spiele in Hamburg nicht ab? 
       
       Ich finde, man muss nicht generell vorab gegen alles sein. Olympia bietet
       für Hamburg eine Chance, aber birgt auch eine riesige Gefahr. Ich hoffe
       natürlich, dass dann nicht alles zubetoniert wird, sondern ein Prozess
       eingeleitet wird, der Umwelt und Nachhaltigkeit berücksichtigt. Da müssen
       auch kritische und innovative Positionen einbezogen werden.
       
       Braucht Hamburg Olympia denn? 
       
       Hamburg ist lange nicht so bekannt, wie viele Leute denken. Olympia bietet
       die Chance, Hamburg international bekannter zu machen – in diesem
       Zusammenhang würde das Image einer Kulturmetropole der Stadt gut tun.
       
       Wieso wollen Sie mitarbeiten? 
       
       Kultur ist für ein solches Großevent so wichtig, damit es auch groß
       gedacht wird. Es heißt es vom Senat auch, dass man eine Analyse macht: Was
       braucht eigentlich die Kulturlandschaft, wo sind vielleicht Lücken? Diese
       Überlegung gemeinsam mit den Kollegen zu machen, finde ich auch unabhängig
       von Olympia interessant und wichtig. Sollte sich später herausstellen, dass
       die Kultur da mehr als Statist gedacht ist, würde mich das sofort nicht
       mehr interessieren.
       
       Ist da auch Platz für radikale oder grundsätzliche Kritik an Olympia? 
       
       Bei dem Treffen letzte Woche ging es nicht um die grundsätzliche Frage, ob
       man für oder gegen Olympia ist. Raum für so grundsätzliche Fragen sollte
       aus meiner Sicht aber unbedingt geschaffen werden. Das Ziel ist zunächst,
       100 Kulturideen für Olympia in Hamburg zu entwickeln und die dann mit ins
       Bewerbungsheft zu schreiben. Ich finde es interessant, die Stadt in Bezug
       auf die Kulturinstitutionen zusammenzudenken.
       
       Haben Sie Forderungen an Olympia in Hamburg? 
       
       Soweit sind wir da ja noch nicht. Es wird erst noch überlegt: Was könnte
       aus der Kunstszene für Olympia kommen? Bei dem ersten Treffen waren
       Kollegen aus unterschiedlichen Bereichen dabei, da kamen viele interessante
       Ideen auf. So einen Prozess des gemeinsamen Denkens finde ich interessant.
       
       Es gibt die Forderung, alle Olympia-Bauten hinterher für Flüchtlinge zur
       Verfügung zu stellen. Was halten Sie davon? 
       
       Soweit ich das überblicke, ist das bauliche Konzept für Olympia mit einem
       Nachnutzungskonzept verbunden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein
       Olympia-Stadion eine Flüchtlingsunterkunft wird, auch wenn ich das als
       polemische Forderung okay finde. Man muss da aber auch mal die Kirche im
       Dorf lassen. Außerdem wäre das ja wieder eine Massenunterkunft. Ich
       persönlich bin für kleinteilige Unterbringung.
       
       15 Jul 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katharina Schipkowski
       
       ## TAGS
       
   DIR Hamburg
       
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