URI: 
       # taz.de -- Verhandlungen EU und Griechenland: Ohne den Segen der Troika geht nichts
       
       > Worauf haben sich Griechenland und die EU konkret geeinigt? Ein Blick in
       > die Bereiche Gesetzgebung, Haushalt, Renten und Steuern.
       
   IMG Bild: Die ungeliebte Troika muss alles genehmigen.
       
       Berlin taz | |Griechenlands Premier Alexis Tsipras war am Montag nicht um
       maskuline Kriegsmetaphorik verlegen. Sein Land habe „in einer gerechten
       Schlacht bis zum Ende gekämpft“ und „verlorene nationale Souveränität“
       zurückgewonnen, sagt der griechische Regierungschef. Fragen der
       Gerechtigkeit mal außen vor gelassen: Wie weit steht es mit der nationalen
       Souveränität?
       
       Um das zu beurteilen, hilft ein Vergleich zweier Dokumente: zwischen dem
       letzten zehnseitigen Angebot von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude
       Juncker an Athen vom 26. Juni, also vor dem Referendum in Griechenland, in
       dem Tsipras bessere Konditionen aushandeln wollte, und der jetzt
       ausgehandelten Vereinbarung, die allerdings an wenigen Stellen konkrete
       Zahlen nennt.
       
       Strukturreformen: Hier zeigt sich besonders, dass Tsipras mitnichten die
       propagierte nationale Souveränität verteidigt hat. IWF, Europäische
       Zentralbank und Europäische Kommission sollen wieder komplett Zugriff auf
       die Gesetzgebung in Athen bekommen. Im Papier ist von „Normalisierung“ die
       Rede.
       
       Das bedeutet, dass die griechische Regierung künftig „sämtliche
       Gesetzesentwürfe in relevanten Bereichen“ mit der Troika abstimmen muss,
       und zwar bevor es eine öffentliche Konsultation gibt oder das Parlament
       damit befasst wird. Anders ausgedrückt: Ohne Segen der Troika reformiert
       Tsipras nicht einmal die Speisekarte im Parlamentsrestaurant.
       
       Haushalt: In der jetzt ausgehandelten Vereinbarung stehen keine neuen
       Zahlen über den Primärüberschuss, die der griechische Staat zu erzielen
       hat. Deshalb dürften die alten Zahlen gelten: Demnach muss der Staat in
       diesem Jahr ein Prozent seines Bruttoinlandsproduktes als Überschuss
       erwirtschaften, bis zum Jahr 2018 3,5 Prozent. Zinszahlungen gelten nicht
       als Ausgaben, was die Last verringert.
       
       Allerdings muss Athen einem ökonomisch sinnlosen Automatismus zustimmen:
       Sollte das Land die vereinbarten Überschüsse nicht erwirtschaften, muss es
       Ausgaben kürzen – egal, ob dadurch eine künftig vielleicht wieder wachsende
       Wirtschaft abgewürgt wird.
       
       Renten und Steuern: Insgesamt vier Reformen muss Griechenland noch diese
       Woche durchs Parlament bringen. Dazu zählen die oben erwähnten Regeln zum
       Haushalt wie auch Änderungen der Mehrwertsteuer und eine Rentenreform. Da
       auch hier keine neuen Zahlen bekannt sind, dürfte sich die Eurogruppe bei
       der Mehrwertsteuer mit der geforderten Erhöhung durchgesetzt haben.
       
       Bei der Rente soll es „ambitionierte“ Reformen geben. Auch hier dürften
       wahrscheinlich die ursprünglichen Forderungen gelten, weil Tsipras alles
       andere bereits als großen Erfolg verkauft hätte: So soll im Rentensystem
       ein Prozent der Wirtschaftsleistung eingespart, das Renteneintrittsalter
       bis 2022 auf 67 Jahre erhöht werden und Frühverrentung abgeschafft werden.
       
       Wenn also die Eurogruppe behauptet, sie verlange keine Rentenkürzungen, ist
       das schlicht falsch. Auf der anderen Seite soll für alle Griechen, die
       bereits 40 Jahre gearbeitet haben, die Rente mit 62 möglich bleiben, so hat
       es zumindest Juncker noch vor zwei Wochen angeboten.
       
       Gegenleistung: Sämtliche von Griechenland nun geforderten
       Gesetzesänderungen sind übrigens nur „Mindestanforderungen“ für weitere
       Verhandlungen über Hilfspakete oder Ähnliches.
       
       13 Jul 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ingo Arzt
       
       ## TAGS
       
   DIR Schuldenkrise
   DIR Eurokrise
   DIR Alexis Tsipras
   DIR Griechenland
   DIR Grexit
   DIR Schwerpunkt Krise in Griechenland
   DIR Griechenland
   DIR Griechenland
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kommentar Hilfen für Griechenland: Sparen im Konjunktiv
       
       Wieder wird um Hilfen für Griechenland gestritten – und Deutschland verhält
       sich weiter wie ein Hegemon. Das ist gefährlich und schadet der EU.
       
   DIR Kommentar Griechenland-Gipfel: So scheitert Europa
       
       Merkel und Schäuble haben dank einer ekligen Allianz alle deutschen
       Forderungen durchgesetzt. Das Ergebnis: ein Sanktions- und Zwangsregime.
       
   DIR Griechenland-Hashing: Ein Putsch für Arme
       
       Ein neuer Hashtag macht im Netz Furore. Mit #ThisIsACoup droht die
       Wehrmacht wiederaufzuerstehen. Was für ein Blödsinn!
       
   DIR Video von Böhmermann und Heufer-Umlauf: Griechen-Bashing in Schlagzeilen
       
       Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umlauf zitieren Titelzeilen zu
       Griechenland. Und finden: Die meisten Medien benehmen sich wie Arschlöcher.