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       # taz.de -- Ermittlungen gegen Johnny Mauser: LKA scheitert an diesem Internet
       
       > Weil die Polizei nicht wusste, wie Johnny Mauser wirklich heißt, wollte
       > sie sein Label durchsuchen. Durfte sie nicht – denn sein Name ist
       > ergooglebar.
       
   IMG Bild: Wer ist nur dieser Johnny Mauser?, fragte sich das LKA und wollte das Label durchsuchen, bei dem er unter Vertrag ist.
       
       Hamburg taz | Das Hamburger Landeskriminalamt (LKA) resigniert vor einem
       Rapper: Nachdem Johnny Mauser wegen eines Song-Textes ins Visier des
       Staatsschutzes geriet, wollte das LKA sein Label durchsuchen. Doch das
       Gericht machte den BeamtInnen einen Strich durch die Rechnung.
       
       Anlass für die Ermittlungen gegen Johnny Mauser und seinen Rapkollegen
       Captain Gips hatte ein Song gegeben, den die beiden im Mai 2012
       veröffentlicht hatten. In Anlehnung an das Lied „Waffenfreie Zone“, mit dem
       sich der Hamburger Rapper Nate57 auf das Waffenverbot auf St. Pauli
       bezieht, hatten die beiden den Song umgeschrieben und eine „Nazifreie Zone“
       gefordert.
       
       Mit dem Track mobilisierten sie im Vorfeld gegen einen Naziaufmarsch, der
       am 2. Juni 2012 in Hamburg stattfand. „Ich mach die Stadt zu ner nazifreien
       Zone, wir haben es satt, Digger, nazifreie Zone, muck besser nicht in der
       nazifreien Zone, kein Platz für dich in der nazifreien Zone“, rappen Mauser
       und Gips im Refrain.
       
       Mehr als zwei Jahre nach der Veröffentlichung des Songs ging bei der
       Onlinewache der Polizei eine Strafanzeige gegen eben diesen Text ein. Die
       Onlinewache ist eine Funktion auf der Website der Polizei, mit der sich
       ganz bequem eine Anzeige stellen lässt, ohne zur Polizeiwache gehen oder
       anrufen zu müssen.
       
       Wie eine Polizeisprecherin der taz bestätigte, ging die Anzeige am 16.
       November 2014 ein und wurde dem LKA übergeben – Abteilung sieben,
       Staatsschutz. Der Verdacht lautete auf „öffentlichen Aufruf zu Straftaten
       beziehungsweise Volksverhetzung“.
       
       ## Ging es dem LKA um „Beifang“?
       
       Die Ermittlungen des LKA scheiterten jedoch schon im Ansatz, weil die
       ErmittlerInnen Mausers bürgerliche Identität nicht zuordnen konnten. Man
       habe festgestellt, dass der Rapper unter Pseudonym oder falscher Identität
       auftrete, gab die Polizei-Sprecherin an.
       
       Die ermittelnden BeamtInnen hätten daraufhin einen Durchsuchungsbefehl
       beantragt: Für die zweifelsfreie Feststellung der Identität wolle man die
       Räume des Labels „Audiolith“, bei dem die Rapper unter Vertrag stehen,
       durchsuchen.
       
       Doch dazu kam es nicht: Die zuständigen RichterInnen gaben dem
       Durchsuchungsantrag nicht statt. Die Maßnahme sei unverhältnismäßig, da
       Johnny Mauser in der Öffentlichkeit agiere und seine Identität nicht
       verberge.
       
       Dass er das in der Tat nicht tut, zeigt bereits eine kurze
       Internetrecherche: Die genügt, um den bürgerlichen Namen des Rappers
       herauszubekommen, der bereits zahlreiche Auftritte und Interviews gegeben
       hat. Auch ein Blick aufs Plattencover hätte Aufschluss geben können.
       
       Der Journalist Patrick Gensing äußerte auf seinem Blog den Verdacht, dass
       es dem LKA womöglich um den „Beifang“ ging, den die ErmittlerInnen bei der
       Label-Durchsuchung erzielt hätten. Schließlich sind bei Audiolith über 40
       KünstlerInnen unter Vertrag, von denen einige schon ins Visier des
       Verfassungsschutzes geraten sind. Ein Beispiel dafür ist die Punk-Rap-Band
       „Feine Sahne Fischfilet“, die bereits mehrmals im jährlichen
       Verfassungsschutzbericht aufgetaucht ist.
       
       ## Alle haben besseres zu tun
       
       „Leider passt es in die bundesdeutsche Gesamtsituation, dass linken
       Initiativen, MusikerInnen und Gruppen von Seiten des Staates Steine in den
       Weg gelegt werden“, kommentierte Johnny Mauser den Vorfall gegenüber der
       taz.
       
       Dennoch seien die Rapper überrascht gewesen, als sie Post vom LKA bekamen,
       so Mauser weiter. Man hatte dort offenbar auch ohne Durchsuchungsbefehl
       Mausers bürgerlichen Namen herausfinden können – allerdings hatte das LKA
       nichts unversucht gelassen und vorher Widerspruch gegen den richterlichen
       Entscheid eingelegt. Den lehnten die Richter aber ab.
       
       Bei Audiolith ist man froh, dass es nicht zur Hausdurchsuchung kam –
       schließlich habe man anderes zu tun, als sich den ganzen Tag mit
       AnwältInnen und dem LKA zu befassen, sagte Audiolith-Chef Lars Lewerenz.
       
       Auch der Rapper Johnny Mauser hat offenbar anderes zu tun und kam der
       Vorladung, die ihm das LKA zukommen ließ, nicht nach. Daraufhin stellten
       die Behörden die Ermittlungen am 15. Juli ein.
       
       29 Jul 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katharina Schipkowski
       
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