# taz.de -- Von Ankara einberufenes Sondertreffen: Nato verspricht „Solidarität“
> Die Nato-Botschafter beschließen keine Maßnahmen im türkischen Kampf
> gegen die IS-Miliz. Aber sie kritisieren auch die Angriffe auf die PKK
> nicht.
IMG Bild: 28. Juli 2015: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg mit Hämmerchen.
Genf taz | Die Nato-Staaten haben ihrem Bündnispartner Türkei mit Blick auf
die Konflikte in den Nachbarstaaten Syrien und Irak am Dienstag „starke
Solidarität im Kampf gegen den Terrorismus zugesichert“. Konkrete Maßnahmen
beschlossen die 28 Nato-Botschafter auf ihrer Sondersitzung in der
Brüsseler Zentrale der Militärallianz aber nicht.
Das knapp zweistündige Treffen war auf Antrag Ankaras einberufen worden.
Die Abschlusserklärung erwähnt nicht die türkischen Luftangriffe auf
Stellungen der kurdischen-türkischen Arbeiterpartei (PKK) im Nordirak, die
die deutsche Bundesregierung und andere Nato-Staaten im Vorfeld der Sitzung
kritisiert hatten.
„Terrorismus stellt eine direkte Bedrohung der Sicherheit der Nato-Staaten
dar“, heißt es in der Erklärung. Die Botschafter „verurteil(t)en die
Terrorakte gegen die Türkei“ lediglich in allgemeiner Form, ohne dabei
konkrete Taten oder Täter zu benennen.
Am 20. Juli waren bei einem Selbstmordanschlag auf eine prokurdische
Zusammenkunft im türkischen Suruçunweit der syrischen Grenze 32 Menschen
getötet worden. Die Tat wurde dem Islamischen Staat zugeschrieben, löste
aber Proteste von Kurden in der Türkei aus. Sie warfen Ankara vor, den IS
zu dulden oder sogar zu unterstützen.
Am 23. Juli wurde ein Unteroffizier der türkischen Armee bei einem Angriff
des IS auf einen türkischen Grenzposten getötet, nachdem Tags zuvor zwei
Polizisten durch einen Anschlag starben. Dazu bekannte sich die PKK als
„Vergeltung“ für die Bluttat von Suruç. Die Nato-Botschafter nahmen
zumindest indirekt Bezug darauf, in dem sie „den Familien der Opfer in
Suruçund anderer Angriffe gegen Polizei- und Armeeoffiziere“ ihr Beileid
bekundeten.
## Indirekte Unterstützung
Diesen Passus dürfte die Regierung Erdoğan zumindest als indirekte
Unterstützung der Nato-Partner für die jüngsten Angriffe der türkischen
Luftwaffe gegen Stellungen der PKK im Nordirak interpretieren. Auf der
Sitzung vom Dienstag wurde die internationale Kritik am Vorgehen der Türkei
gegen die PKK nach Informationen aus Teilnehmerkreisen allerdings nicht
wiederholt.
Die Botschafter einiger Länder hätten aber ein „verhältnismäßiges“ Vorgehen
verlangt und auf die Notwendigkeit verwiesen, den Friedensprozess mit der
PKK am Leben zu erhalten. Die kurz nach Sitzungsbeginn am Dienstag gegen 11
Uhr von Nachrichtenagenturen weltweit verbreite Erklärung Erdoğans, dass er
den Friedensprozess mit der PKK zumindest vorerst nicht fortsetzen werden,
kam den 28 Botschaftern angeblich erst nach Ende der Sitzung zur Kenntnis.
Neben der Nato sichert auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker
Unterstützung „für die Anstrengungen der Türkei im Kampf gegen den
internationalen Terrorismus“ zu, wie eine Kommissionssprecherin mit Blick
auf ein Telefonat Junckers mit Regierungschef Ahmet Davutoğlu am Wochenende
sagte. Der Kommissionschef habe aber auch „die Notwendigkeit betont, dass
alles Handeln gegen die PKK verhältnismäßig“ sein müsse.
Die Türkei fordert von den Nato-Partnern vorerst keine weitreichende
Unterstützung im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Nach
Angaben von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die türkische
Regierung auf der Sondersitzung „nicht um zusätzliche militärische
Nato-Präsenz in der Türkei gebeten“. Er verwies dabei darauf, dass die
Türkei über „sehr fähige Streitkräfte“ verfüge. „Das ist die zweitgrößte
Armee in der Allianz“, erklärte Stoltenberg.
Laut Auskunft von Diplomaten war auch die bislang zwischen den USA und der
Türkei erwogene Schaffung einer von IS-Milizen befreiten „Sicherheitszone“
auf der syrischen Seite der gemeinsamen Grenze kein Thema bei der
Nato-Sitzung.
28 Jul 2015
## AUTOREN
DIR Andreas Zumach
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