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       # taz.de -- Israelischer Agent in den USA: Gnade für einen Spion
       
       > Jonathan Pollard könnte nach 30 Jahren Haft in den USA jetzt begnadigt
       > werden. Israelische Politiker bestreiten, dass dies mit dem Iran-Deal zu
       > tun hat.
       
   IMG Bild: Demonstranten fordern vor dem Weißen Haus die Entlassung Jonathan Pollards.
       
       jerusalem taz | In einigen Monaten, vielleicht sogar früher, könnte
       Jonathan Pollard ein freier Mann sein. Seit 30 Jahren sitzt der Amerikaner
       hinter Gittern. Wegen Spionage für Israel war er in den USA zu lebenslanger
       Haft verurteilt worden. Pollard war wiederholt als Pfand gehandelt worden,
       um die Regierung in Jerusalem zu Kompromissen mit den Palästinensern zu
       ermuntern.
       
       Heute will in Jerusalem niemand die Vermutung des Wall Street Journal
       bestätigen, das Weiße Haus versuche, mit der Entlassung Pollards die
       Stimmung in Israel gegenüber den Vereinigten Staaten zu besänftigen, die
       mit der Unterzeichnung des Atomabkommens mit dem Iran einen Tiefpunkt
       erreicht hat. „Im Fall von Pollard geht es um Gerechtigkeit und Gnade“,
       kommentierte der Knesset-Abgeordnete Michael Oren, ehemals israelischer
       Botschafter in den USA, „beim Atomabkommen um Sicherheit und Überleben.“
       
       Die Regierungen in Washington und Jerusalem unterstützen gegensätzliche
       Lager bei ihren Bemühungen, Einfluss auf den US-Kongress zu gewinnen.
       Dieser soll im September über das Atomabkommen entscheiden.
       US-Außenminister John Kerry schlug einen ungewohnt scharfen Ton an und
       warnte Israel vor einem unilateralen Präventivschlag gegen iranische
       Atomanlagen. Gegenüber NBC warnte Kerry von dem „Fehler, der tiefgreifende
       Konsequenzen für Israel und die gesamte Region“ haben würde.
       
       Pollard wäre nach 30-jähriger Haftzeit ohnehin Kandidat für eine
       Begnadigung. „Noch gibt es keine offizielle Erklärung über den Zeitpunkt
       seiner Entlassung“, erklärte Anne Pollard, die Exfrau des 60-Jährigen, in
       einem Interview mit dem israelischen „Channel 2“. Der Häftling könnte am
       21. November freikommen, sollte die US-Regierung keine Einwände erheben.
       Nie zuvor ist ein Amerikaner, der für einen alliierten Staat spionierte, so
       hart bestraft worden. Pollard ist heute keine Gefahr mehr für die USA und
       zudem gesundheitlich angeschlagen.
       
       Jahrzehntelang belastete die Affäre die bilateralen Beziehungen. Die in den
       USA lebenden Juden sahen sich konfrontiert mit dem Vorwurf einer doppelten
       Loyalität, in Israel kam es zu Kontroversen über die Hintergründe. Pollard
       behauptete, von Rafi Eitan, dem damaligen Chef des israelischen
       Geheimdienstes, im Stich gelassen worden zu sein. Das Ehepaar hatte, als
       sich der Verdacht verdichtete, Zuflucht in der israelischen Botschaft
       gesucht, war aber offenbar auf Anweisung Eitans an das FBI ausgeliefert
       worden.
       
       Erst 1995, zehn Jahre nach Pollards Verurteilung, gewährte ihm Israel die
       Staatsbürgerschaft. Im gleichen Jahr brachte das Cameri-Theater in Tel Aviv
       ein Schauspiel mit der Geschichte des Spions auf die Bühne. Nach der
       Vorstellung standen die Zuschauer Schlange, um einen Appell für Pollards
       Entlassung zu unterzeichnen.
       
       Pollard war Mitarbeiter des amerikanischen Marine-Nachrichtendienstes und
       begann 1983 auf eigene Initiative Israel geheime Informationen zu liefern.
       Laut www.jonathanpollard.org ging es dabei um die Aufrüstung mit Raketen
       und mit unkonventionellen Waffen, die von „Syrien, Irak, Libyen und Iran“
       aus gegen Israel hätten eingesetzt werden können.
       
       26 Jul 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Knaul
       
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