# taz.de -- Wahl des Fifa-Präsidenten Anfang 2016: Der neue Blatter
> Wenn die Fifa im Februar ihren neuen Präsidenten wählt, könnte der Michel
> Platini heißen. Und was ist mit Wolfgang Niersbach?
IMG Bild: Dufte Typen: Wolfgang Niersbach (rechts) kann eigentlich mit allen, auch mit Noch-Fifa-Chef Joseph Blatter
Es tut sich etwas in der Welt der Sportfunktionäre. Michel Platini soll nun
angeblich das Amt des Fifa-Präsidenten von Joseph Blatter am 26. Februar
2016 übernehmen wollen. An die Stelle von Platini in der Führung des
europäischen Fußballverbandes Uefa könnte Wolfgang Niersbach rücken, der
Chef des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Das Erbe von Niersbach wiederum,
so dünstet es lauwarm aus der Gerüchteküche, würde den CDU-Politiker
Reinhard Grindel interessieren. Nach gängiger Darstellung gebietet Blatter
über ein Reich des Bösen. Da wird es mit Platini, Niersbach und Grindel
bestimmt besser. Oder?
Fangen wir mit dem Franzosen an: Er ist im Grunde ein Mann Blatters.
Angeblich wollte ihn Blatter bereits 1998 zum Fifa-Chef machen. Doch der
Franzose wollte nicht. Platini ist ein typischer Sportfunktionär, also auch
ein Freund des faulen Kompromisses. Er stimmte für Katar und die WM 2022 im
Wüstenstaat. Das tat er wohl auch für seinen Sohn Laurent, denn der ist
Europa-Chef von „Katar Sports Investments“. Platinis Plan war es auch, die
EM auf 24 Teams (ab 2016) aufzustocken. Das sollte nicht nur für einen
finanziellen Mehrwert sorgen, sondern auch die Machtbasis von Platini im
Verband erweitern.
Während sich Blatter über Fördergelder die Loyalität von Kleinstaaten in
der Karibik, Afrika oder Ozeanien sicherte, hofierte Platini kleinere
osteuropäische Verbände. So wurde auch die absurde Idee der Uefa Nations
League geboren, die ab 2018 ausgetragen werden soll. An dem Turnier nehmen
alle 54 Uefa-Mitglieder teil. Auch so sichert man sich die Zustimmung
kleinerer Verbände. Auf dem Höhepunkt des aktuellen Fifa-Skandals
distanzierte sich Platini von Blatter. In einem Vieraugengespräch will er
dem Patron gesagt haben, dass es so nicht weitergehen könne. Blatter müsse
zurücktreten. Nur Stunden später, beim Fifa-Kongress Ende Mai in Zürich,
aber hockte Platini nur passiv und schlaff auf seinem Stuhl. Widerworte
waren von ihm vor den Delegierten nicht zu hören.
Wolfgang Niersbach ist kein Freund der Nations League, aber mit Haut und
Haar Sportfunktionär, folglich kann er sich schon irgendwie mit der Nations
League anfreunden. Er hat früh gelernt, worauf es in dieser Szene ankommt.
Man muss sich vor den Großen klein machen, damit die einen später groß
machen. Man kann das clever nennen – oder opportunistisch. Angefangen hat
er als Sportreporter, als nicht besonders kritischer.
## Exklusive Zugänge
Niersbach kennt den DFB noch als einen Verein von Betonköpfen. Bei der WM
1978 hatte die DFB-Führung keine Probleme damit, die Nationalmannschaft im
Erholungsheim der argentinischen Luftwaffe, also in einem Gebäude der
Militärjunta, unterzubringen. Dort sprach dann Luftwaffenoberst Hans-Ulrich
Rudel, ein Altnazi, zum Team. Niersbach suchte die Nähe des verbohrten
DFB-Präsidenten Hermann Neuberger (“Ich hoffe doch nicht, dass man Rudel
seine Kampffliegertätigkeit während des Zweiten Weltkriegs vorwerfen
will“). Niersbach bekam exklusive Zugänge zum Team und wurde später in den
Pressestab des DFB aufgenommen, wo er Karriere machte.
In deutschen Medien erschienen dieser Tage Texte, die Niersbach in seiner
(inoffiziellen) Wahlkampagne wohlwollend unterstützen. Er wird als jovialer
Statistik-Nerd (Spiegel) dargestellt, als „Kumpeltyp“ (Tagesspiegel), als
notorischer Rheinländer, der das Herz am rechten Fleck trägt. Sein Horizont
reiche zwar kaum über die Tribüne eines Fußballstadions hinaus, obendrein
sei er ein Neidhammel, aber diese Defizite würden nicht weiter ins Gewicht
fallen. Kurzum: Unser Niersi soll’s mal machen.
Womit wir bei einem weiteren DFB-Funktionär (Schatzmeister) wären, den kaum
ein Fußballfreund kennt: Reinhard Grindel. Er sitzt im Bundestag und dort
im Sportausschuss. Grindel war wie Niersbach früher Journalist – bei Sat.1
und beim ZDF. Seit 2008 ist er Mitglied des Landesvorstands der CDU in
Niedersachsen. Bemerkenswert ist vor allem seine Ämterhäufung. Er mischt
mit bei: der DFB-Stiftung Deutsches Fußballmuseum, der
DFB-Wirtschaftsdienste GmbH, der Deutschen Welle, der Deutschen
Schulsportstiftung und so weiter.
Sein Lieblingsfilm ist das „Wunder von Bern“. Den guckt auch Wolfgang
Niersbach total gern. Na bitte, funktioniert doch!
20 Jul 2015
## AUTOREN
DIR Markus Völker
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