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       # taz.de -- Leo Fischer über Intrigen bei „Die Partei“: „Unbegrenzter Machtdurst“
       
       > Leo Fischer, Mitglied im Bundesvorstand, kündigt den Sturz von Parteichef
       > Sonneborn an. Er fordert mehr Hörigkeit und Rückbesinnung auf
       > Ossi-Feindlichkeit.
       
   IMG Bild: Einen Neustart ohne ihn soll es geben: Martin Sonneborn.
       
       taz: Herr Fischer, Sie haben am Wochenende angekündigt, sich von der Partei
       „Die Partei“ gemeinsam mit dem Bündnis „Chance 5000“ abzuspalten. Warum
       eigentlich? Der bisherige Bundesvorsitzende Martin Sonneborn hat doch genau
       das umgesetzt, was er im Wahlkampf versprochen hat: die Europäische Union
       zu melken und in Brüssel abwechselnd mit Ja und Nein zu stimmen. 
       
       Leo Fischer: Von einer Abspaltung kann keine Rede sein, sondern von einem
       Neustart. Nur eben ohne Sonneborn. Ich bin überzeugt davon, dass Sonneborn
       in Brüssel hervorragende Arbeit leistet. Doch vernachlässigt er „Die
       Partei“ in ihrer Tiefe. Viele Landesverbände haben den Eindruck, dass sie
       bei wichtigen Entscheidungen übergangen werden, dass alle interessanten
       Dinge in Berlin ausgehandelt werden. Ich möchte einen Bundesvorsitzenden,
       der vor der Provinz zu Kreuze kriecht, wie das zum Beispiel in der CDU gut
       etablierte Praxis ist – siehe die Homo-Ehe.
       
       Martin Sonneborn muss in Brüssel schon jetzt neben Beatrix von Storch von
       der AfD und einem Vertreter der Neuen Rechten aus Polen während der
       EU-Debatten sitzen. Haben Sie eigentlich keine Skrupel, ihn da so ganz ohne
       Parteirückhalt zurückzulassen? 
       
       Als Parlamentarier hat Sonneborn meine volle Unterstützung und, was die
       Benannten angeht, auch mein Mitgefühl. Aber wir müssen auch bedenken, was
       die Aufgabe des Parlaments ist: die sozialverträgliche Entsorgung von
       Altpolitikern, die der Partei zur Last fallen. Hier muss Sonneborn endlich
       Nägel mit Köpfen machen.
       
       Springen Sie mit der Idee der Abspaltung nicht auf einen allgegenwärtigen
       Trend auf? Derlei mutet doch wenig originell an. 
       
       „Die Partei“ hat sich stets an den populistischen Bewegungen orientiert.
       Ich sehe wirklich nicht, warum wir darauf jetzt verzichten sollten.
       
       Geht Ihnen mit der Bezeichnung „Chance 5000“ nicht Ihre komplette
       inhaltliche Richtung verloren? „Die Partei“ stand ja immer sehr präzise für
       Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische
       Initiative. 
       
       Gerade an der basisdemokratischen Initiative fehlte es in der letzten Zeit
       doch stark – denn damit ist traditionell die „Die Partei“-Basis gemeint.
       Auch hier gibt es eine Chance auf Erneuerung – nämlich die „Chance 5000“.
       
       Sie wollen als Bundesvorsitzender kandidieren. Welche Qualifikation würden
       Sie denn für diesen neuen Posten mitbringen? 
       
       Dieselben wie der aktuelle Vorsitzende: sieben Jahre Titanic-Erfahrung und
       unbegrenzten Machtdurst. Außerdem bin ich vereidigter Schiedsrichter für
       Flunkyball-Ligaspiele. Ich bringe also die nötige Street Credibility mit.
       
       Aber Frankfurt am Main wollen Sie als Frankfurter nicht zufällig zum neuen
       heimlichen Stützpunkt der Partei machen? 
       
       Nein, ich bin ohnehin dafür, dass wir uns wieder auf unsere alte
       Ossi-Feindlichkeit besinnen sollten, „Die Partei“ als westdeutsche Bewegung
       erkennen und Berlin wieder als das sehen, was es ist: eine Stadt im
       Belagerungszustand. Ich fände Karlsruhe sehr schön, weil ich mich sehr für
       Grundrechte und Menschlichkeit interessiere.
       
       Sie versprechen jedem Ihrer Unterstützer „bis zu 5.000 Euro“, und zwar
       sofort. Wäre dieses Geld nicht viel besser in den Mauerbau investiert? 
       
       Die Versorgung der Kader steht für mich an erster Stelle. Erst gut
       ausgeruhte, wohlgenährte Partei-Soldaten mit einer Playstation vor jedem
       Haus sind in der Lage, die schweren, aber notwendigen Aufgaben eines
       Mauerschützen wahrzunehmen. So hat es ja auch in der SED funktioniert.
       
       Von der Website der „Chance 5000“ wird man direkt auf den „Die Partei“-Shop
       weitergeleitet. Ist es mit der Spaltung möglicherweise doch nicht so weit
       her? 
       
       Noch mal: Wir wollen keine Spaltung, sondern einen Neustart. Mit Reboot,
       Bluescreen und endlosen Treiber-Updates. Wir stehen hinter der „Partei“ und
       hinter ihren Idealen. Wenn morgen die Welt untergehen sollte, würde ich
       heute einen Mitgliederbeschluss dagegen organisieren.
       
       28 Jul 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alina Leimbach
       
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