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       # taz.de -- Große Pläne für die Zukunft: Was wird bloß aus Blohm+Voss​
       
       > Bau von Fregatten und Edel-Yachten: Neuer Chef von Blohm+Voss will aus
       > Gemischtwarenladen Marke für Milliardäre machen​.
       
   IMG Bild: Mit Reparatur und Wartung lässt sich Geld verdienen: Der Luxusliner „Crystal Symphonie“ wird in ein Dock von Blohm+Voss geschleppt.
       
       Der letzte Auftrag kam aus London vom russischen Milliardär und Fußballfan
       Roman Abramowitsch. 2010 lieferte Blohm+Voss die selbst konstruierte und in
       Eigenregie gebaute Luxus-Yacht „Eclipse“ ab. Seither herrscht Ebbe im
       Auftragsbuch. Trotzdem gibt sich der neue Chef Fred van Beers optimistisch.
       Mit einem neuen „Investmentplan“ über 15 Millionen Euro will der
       Niederländer die dümpelnde Traditionswerft auf Erfolgskurs steuern.
       
       Die Länge der Auftragsflaute begründet man bei Blohm+Voss mit den
       „ungünstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“. So habe die
       Russland-Ukraine-Krise potenziellen Yacht-Käufern zugesetzt. Dazu die
       Turbulenzen um das Unternehmen, seit Thyssen-Krupp 2010 bekannt gab,
       Blohm+Voss verkaufen zu wollen. Sie hätten „den sensiblen Markt
       verunsichert“.
       
       Einzelheiten über die neue Strategie sind seit Juni bekannt geworden. Van
       Beers, der vom finnischen Motorbauer Wärtsilä nach Hamburg kam, hat
       offensichtlich von der Industrie gelernt. Nicht mehr der einmalige Verkauf
       eines Produktes ist das Ziel, sondern die Betreuung über den ganzen
       Lebenszyklus hinweg: Richtig viel Geld verdienen Konzerne wie
       Thyssen-Krupp, SAP oder Siemens heute mit Service, Wartung und Reparatur.
       
       Ein gutes Jahr Zeit hat van Beers vom Eigentümer, dem britischen Investor
       Star Capital, erhalten, um den Geschäftsbetrieb „zu optimieren“, wie ein
       Firmensprecher sagt. Seit ihrer Gründung vor 138 Jahren hat die Werft fast
       1.000 Schiffe gebaut. In Zukunft sollen es vor allem megagroße Yachten
       sein. Doch nur zwei Dutzend der Luxus-Schiffe werden weltweit jährlich
       bestellt. Im Club der Hamburger Wirtschaftsjournalisten sprach van Beers
       von einem Marktanteil von zehn Prozent, auf den er hoffe – das wären zwei
       Schiffe pro Jahr.
       
       Zudem setzt Blohm+Voss auf Standardisierung. So sollen die hohen Kosten für
       neue Entwicklungen gesenkt werden. Die Konstruktion für die
       80-Meter-Yacht-Type „BV80“ sei abgeschlossen. Die Länge des Serienschiffs
       kann bis auf etwa 150 Meter ausgedehnt werden. Den Innenausbau und die
       technische Ausstattung bestimmen die Milliardäre. Pro Meter kostet eine
       Edel-Yacht zwei Millionen Euro. Plus X. „Der Bau des ersten Schiffes kann
       beginnen“, versichert man bei Blohm+Voss.
       
       Damit endlich ein neuer Auftrag an Land gezogen wird, will van Beers den
       Vertrieb ausbauen. Dazu sollen sogar neue Mitarbeiter eingestellt werden.
       Woanders wird gestrafft: Ab Oktober 2016 soll es nur noch ein Blohm+Voss
       geben. Die saisonal schwankende Reparatur vor allem von Kreuzfahrtschiffen
       und der Neubau – bislang zwei selbständige Gesellschaften – werden
       zusammengefasst; die Konstruktionsabteilung in Kiel wird nach Hamburg
       verlagert.
       
       Aus dem grauen Industriebetrieb will van Beers – auch hier ahmt er
       erfolgreiche Beispiele nach – eine Marke machen, seine Yachten mit
       „Kultstatus“ versehen. Dazu gebe es „eine kompromisslose Haltung in Bezug
       auf Qualität“. Darum war es in der Vergangenheit nicht immer bestens
       bestellt. Schon mit der Abramowitsch-Yacht gab es Ärger. Und die
       milliardenschweren Militäraufträge für Korvetten und Fregatten leiden unter
       Pleiten, Pech und Pannen.
       
       An den Erfolgsaussichten der neuen Strategie zweifelt nicht allein der
       Schiffbauexperte der IG Metall. „Blohm+Voss ist durch die Zergliederung,
       durch die faktische Zerschlagung und den Verkauf einzelner, profitabler
       Teile seit dem Verkauf durch Thyssen – vorsichtig ausgedrückt –
       unvorteilhaft aufgestellt“, sagt Heino Bade. Und mit der Veräußerung des
       Ölgeschäfts und des Maschinenbaus habe der Investor später auch noch Kasse
       gemacht. Gewerkschafter Bade bezweifelt, dass Star Capital nun genügend
       Geld in die Hand nimmt, um Blohm+Voss nachhaltig flottzumachen.
       
       22 Jul 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hermannus Pfeiffer
       
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