URI: 
       # taz.de -- Kommentar zur Abschiedstour eines Sozialsenators​: Wie es alte Männer tun​
       
       > Politikertypen wie Detlef Scheele wird zugutegehalten, sie seien ehrlich,
       > immerhin. Ein borniertes Argument, solange man Politik am Handeln
       > bemisst.
       
   IMG Bild: Mit gepackten Koffern auf Tour: Sozialsenator Detlef Scheele (SPD).
       
       Der Hamburger Sozialsenator ist auf einer Art Abschiedstour. In den
       Redaktionen der Stadt bekam Detlef Scheele (SPD), so konnte man den
       Eindruck gewinnen, noch einmal großzügig Gelegenheit, uns, kurz vor seinem
       Abgang nach Nürnberg reinen Wein einzuschenken: In Mopo und Welt stellte er
       in Aussicht, dass die Sozialbehörde „größere Flächen am Stadtrand“ sucht,
       „um dort Einrichtungen für bis zu 3.000 Menschen zu bauen“.
       
       Und beim Besuch einer Einrichtung für unbegleitete minderjährige
       Flüchtlinge räumte Scheele ein, dass die Unterbringung der 130 Kinder in
       Zehnbettzimmern „totaler Mist und auf Dauer nicht vertretbar“ sei. Was sagt
       uns diese späte Erkenntnis?
       
       Vielleicht, dass Scheele nun, am Ende seiner Amtszeit, nichts mehr zu
       verlieren hat. So kann er mit offenen Karten spielen und freizügig
       einräumen, dass nicht irgendwelche ominösen Zustände an der Misere schuld
       sind. Ja: Als zuständiger Behördenchef nennt er genau genommen das Ergebnis
       seines eigenen Tuns – „totalen Mist“.
       
       Es gehört schon eine gehörige Portion Dreistigkeit dazu, sich wie Scheele
       auf den letzten Metern hinzustellen und zu sagen: Tut mir leid Leute, wir
       kriegen hier keine bessere Unterbringung von Flüchtlingen hin, weil wir von
       der Realität überrollt wurden. So hat Scheele, der Technokrat, der sich
       gerne auf Vorschriften beruft, das nicht gesagt. Nein, seine Worte klingen
       so: „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand.“
       
       Politikertypen wie Scheele wird gerne zugute gehalten, sie seien ehrlich,
       immerhin. Ein beliebtes aber – mit Verlaub – auch borniertes Argument,
       solange man Politik am Handeln bemisst. Scheeles Geste erinnert an jene
       alter amerikanischer Männer, die einmal dick im Börsengeschäft abkassiert
       haben, um dann vom bequemen Altersitz mit Meerblick aus, ganz zurückgelehnt
       das Business in Frage zu stellen, das ihnen den Wohlstand beschert hat. Um
       das Gewissen von der Schuld zu befreien, ganz wie bei der Beichte.
       
       In den Ruhestand geht Scheele nicht. Leider. Der Mann, der einmal von sich
       gesagt haben soll, er sehe sich eher als Sozial- denn als Arbeitssenator,
       wird Vorstand der Bundesagentur für Arbeit. Zumindest für Hamburg ist das
       keine schlechte Nachricht.
       
       22 Jul 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lena Kaiser
       
       ## TAGS
       
   DIR Detlef Scheele
   DIR Flüchtlinge
   DIR Hamburger Senat
   DIR Unterkunft
   DIR Hamburger Senat
   DIR Detlef Scheele
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Hamburg
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Flüchtlinge
   DIR Jugendheim Friesenhof
   DIR Grüne
   DIR Hamburg
   DIR Detlef Scheele
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Herkulesaufgabe: Sozialsenatorin: Frontfrau vor starkem Staatsrat
       
       Neue Sozialsenatorin wird die Abgeordnete Melanie Leonhard (SPD). Sie gilt
       als unerfahren und wenig profiliert, Bürgermeister Scholz lobt aber ihre
       „Härte“
       
   DIR Spekulationen um Nachfolge: Tschüss Herr Scheele – und dann?
       
       In zwölf Tagen endet die Amtszeit von Sozialsenator Detlef Scheele (SPD).
       Seine Nachfolgerin bleibt noch geheim.
       
   DIR Massenunterkünfte für Flüchtlinge: Tut das Not?
       
       Der Senat sieht keine andere Möglichkeit, als Flüchtlinge in Zelten
       unterbringen, aber was ist mit den Alternativen? Allein 13 Schulen stehen
       leer.
       
   DIR HSV und Flüchtlinge in Hamburg: Nicht auf meinem Parkplatz
       
       In Hamburg wird über eine neue Erstaufnahmestelle am HSV-Stadion
       diskutiert. Doch der Fußballverein lehnt das ab.
       
   DIR Roma protestieren in Hamburg: Keinen Schritt zurück
       
       In Hamburg demonstrieren Roma für ein Bleiberecht – selbstorganisiert und
       jedem Trend deutscher Abschiebepolitik zum Trotz.
       
   DIR Hamburger Asylpolitik: Gute und schlechte Flüchtlinge
       
       Hamburg baut massiv neue Flüchtlingsunterkünfte – dennoch zu wenig.
       Qualifizierte Flüchtlinge sollen unterstützt, andere schneller abgeschoben
       werden.
       
   DIR Skandal um Friesenhof-Heime: Schlampige Aufklärung
       
       Hamburger Senat beantwortet Anfrage zu Mädchenheim zwei Mal falsch. Nun
       befasst sich der Familienausschuss mit dem Thema.
       
   DIR Nach der Bürgerschaftswahl: Der rot-grüne Senat
       
       Bei einer Koalition werden die Grünen drei Ressorts für sich beanspruchen.
       Dafür müssen drei bisherige Senatsmitglieder gehen.
       
   DIR Senats-Check II: Soziales bleibt Stiefkind
       
       Mit Sozialpolitik hat sich die SPD nicht profiliert. Die Armutsquote liegt
       auf Rekordhoch, das Kita-Personal ist auf den Zinnen und der schnoddrige
       Senator eckt an.
       
   DIR Kritik an Heimpolitik: Senator redet nicht mit jedem
       
       Detlef Scheele lehnt ein Gespräch mit Müttern von Ex-Haasenburg-Bewohnern
       ab. Zwei Mitarbeiterinnern der Stadt halten sich auf Facebook aber nicht an
       den Maulkorb.