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       # taz.de -- Die Wahrheit: Obszöne Schocker
       
       > Neues aus Neuseeland: Wochen und Monate voller Skandale und Entgleisungen
       > liegen hinter Aotearoa. Down under war mächtig was los!
       
       Huch – es wird August, und die Korrespondentin pennt, erschöpft von Abscheu
       und Empörung. Ich muss dringend all die obszönen Skandale der letzten
       Wochen und Monate auflisten. Bei so vielen Entgleisungen in Aotearoa kommt
       man kaum noch hinterher.
       
       Der Jahresanfang war von einem deftigen Backwerk geprägt. Karen Hammond,
       eine Angestellte der NZ Credit Union, hatte für die Abschiedsfeier einer
       Kollegin einen Schokokuchen gebacken, auf dem in Zuckerguss „NZCU fuck you“
       stand. Denn beide Frauen waren gegangen worden. Das Foto des Kuchens
       stellte Hammond auf ihre Facebook-Seite. Die Finanzfirma leitete es an
       ihren neuen Arbeitgeber weiter. Die Hobby-Bäckerin wurde arbeitslos und
       bekam am Ende als Entschädigung die Rekordsumme von knapp 100.000 Euro
       zugesprochen.
       
       Zuvor hatte eine Prostituierte aus Wellington weltweit Wirbel ausgelöst,
       die ihren Puff-Betreiber wegen sexueller Belästigung verklagt hatte. Denn
       seit Neuseeland die Prostitution legalisiert hat, stehen Sexarbeiterinnen
       die gleichen Rechte zu wie allen. Die Frau war verbalen Übergriffen
       ausgesetzt. Unter anderem wollte der Zuhälter immer wieder ihre erotischen
       Vorlieben wissen – was sich auch bei einem Finanzleister, siehe oben, nicht
       gehört hätte. 25.000 Dollar Entschädigung.
       
       Im Mai dann ein Schocker aus dem Kindergarten-Milieu: Eine Mutter, die ihre
       Dreijährige in einer Vorschule im ländlichen Kaiapoi anmelden wollte, griff
       dort ins Buchregal und zog „Gus and Waldo’s Book of Love“ heraus. Das ist
       ein Bilderbuch für Erwachsene. Auf einer Seite sieht man die Pinguine Gus
       und Waldo beim „Spielen“ – der eine S/M-mäßig gefesselt, der andere in ein
       rotes Korsett geschnürt. Auch die Mutter sah rot, fotografierte die Seiten
       ab und leitete eine Beschwerde beim Erziehungsministerium ein.
       
       Nur einen Monat später sackte die Moral noch tiefer in den Folterkeller.
       Denn die Molkerei Lewis Road Creamery brachte eine Milch mit dem Etikett
       „Breast Milk“, also Brustmilch, auf den Markt. Eklig oder mutig? Auf jeden
       Fall clever, denn 20 Cents pro überteuerter Flasche gehen an die
       Brustkrebsvorsorge. Der PR-Coup gelang. Eine Lobby namens „New Zealand
       Breastfeeding Authority“ ging auf die Barrikaden und warnte, Mütter könnten
       die Kuhmilch für Muttermilch halten und unwissend ihren Säuglingen
       einflößen. So viel Schwachsinn wollten viele Mütter, egal wie hormonell
       aufgeweicht ihr Hirn vom Stillen, nicht auf sich sitzen lassen.
       
       Und jetzt „Crotch-Gate“, was sich kaum anständig übersetzen lässt. Das
       Bohei hat mit einem Blick in den Schritt der „Bachelor“-Kandidatin Chrystal
       Chenery zu tun. Die Blondine trat in der TV-Tanzshow „Dancing with the
       Stars“ auf, wo man, wie bei Tänzerinnen üblich, den Rock hochwirbeln sah.
       Ein Radiomoderator fotografierte ihren Slip, der wenig verbarg, und stellte
       das Bild mit dem Spruch ins Netz: „Chrystal zeigt Art, was er verpasst
       hat.“ Mit „Art“ ist der Junggeselle der „Bachelor“-Serie gemeint. Da ist
       auch die Auslandspresse sprachlos und legt sich wieder hin.
       
       29 Jul 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anke Richter
       
       ## TAGS
       
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