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       # taz.de -- Belagerung am „Koze“: Krawall am Zaun
       
       > Seit einer Woche stehen sich PolizistInnen und AktivistInnen des
       > Kollektiven Zentrums „Koze“ an einem Bauzaun gegenüber.
       
   IMG Bild: Polizeikräfte sichernden den Zugang zum linken Kulturzentrum „KoZe“ im Münzviertel.
       
       HAMBURG taz | Nach fast einer Woche ist noch keine Ruhe eingekehrt. Der
       Zaun, den die Finanzbehörde vergangenen Montag auf dem Schulhof der
       ehemaligen Gehörlosenschule vor dem Kollektiven Zentrum „Koze“ errichtet
       hat, wird rund um die Uhr bewacht. Sechs PolizistInnen laufen Patrouille.
       Im Eingang zum Hof wartet Verstärkung, zwei weitere Polizeiwagen stehen an
       der Straßenecke. Als es dunkel wird, fährt ein Mast hinter dem Bauzaun hoch
       und ein generatorbetriebener Flutlichtstrahler beleuchtet den Schulhof.
       
       „Die Hofinvasion“ nennen die AktivistInnen des Koze die Ereignisse vom
       vergangenen Montag: Um fünf Uhr morgens hatte die Finanzbehörde unter
       massivem Polizeiaufgebot einen zweieinhalb Meter hohen Holzzaun auf dem
       Schulhof errichten lassen. Als die erschreckten AktivistInnen dies
       verhindern wollten, kam es zu gewalttätigen Übergriffen seitens der
       Polizei, wie Videoaufnahmen von AnwohnerInnen dokumentieren und die
       Bauarbeiter bestätigen, die unfreiwillig Zeugen der Szenerie wurden.
       
       Als „Sicherheitsmaßnahmen“ deklariert die Finanzbehörde das Vorgehen: Bei
       einer Begehung der Gebäude sei Asbest festgestellt worden. Da der
       zukünftige Eigentümer Abriss und Neubau plant, müsse man
       schadstoffsanieren, damit bei den Bauarbeiten kein Asbest in die Luft
       gelange. Dafür sei ein Zaun vorgeschrieben.
       
       Die AktivistInnen kritisieren, nicht über den Termin der Bauarbeiten
       informiert worden zu sein. Sie werfen der Finanzbehörde vor, bewusst eine
       Eskalation anzusteuern. „Die zwei Hundertschaften, die am Montag im Einsatz
       waren, organisiert man nicht über Nacht“, sagt einer von ihnen – die Aktion
       sei von langer Hand geplant und weder das Koze noch der offizielle Mieter
       davon in Kenntnis gesetzt worden. „Von unserer Seite wurde viel
       Verhandlungsbereitschaft signalisiert“, argumentieren die AktivistInnen in
       einer schriftlichen Stellungnahme. Wenn nicht darauf eingegangen werde,
       liege die Verantwortung für die aktuelle Situation bei der Finanzbehörde
       und der Polizei.
       
       ## „Kein Gesprächspartner“
       
       Aber die Finanzbehörde will nicht mit dem Koze reden. „Das Koze ist für uns
       kein Gesprächspartner“, sagte deren Sprecher Daniel Stricker. Und: „Hätten
       wir die AktivistInnen vorher informiert, wäre die Aktion am Montag nicht so
       glimpflich abgelaufen.“ Von Eskalation und gewaltsamem Vorgehen der Polizei
       will Stricker nichts wissen: „Was das Koze für Märchen erzählt,
       interessiert uns einen feuchten Kehricht“, sagte er zur taz.
       
       Die AktivistInnen haben unterdessen eigene Sicherheitsmaßnahmen ergriffen
       und auch einen Zaun errichtet. „Antistaatlicher Schutzwall“ oder
       „Konkurrenz-Zaun“ nennen sie die Konstruktion aus Tischplatten, alten
       Sofas, Brettern und Fahrradteilen, mit der sie ihr Grundstück von der
       Polizei abgrenzen. Transparente hängen in deren Richtung: „Versucht‘s doch
       mal mit Lotto“, steht auf einem, „Gewalt Täter“ auf einem anderen, „Mit
       euch Pfosten könnte man einen Zaun bauen“ auf einem Dritten.
       
       Im Inneren der ehemaligen Kita geht der Alltag des Kollektiven Zentrums so
       gut es geht weiter: Die Fahrradwerkstatt, Sportveranstaltungen und
       Lesungen, alles soll weitgehend am Laufen gehalten werden. Es herrscht
       Barbetrieb und es läuft Musik, draußen laufen Kinder über den Hof. In einer
       Ecke sitzt jemand unter einem Lampenschirm und näht.
       
       Ein paar Menschen stehen am Zaun und beobachten die PolizistInnen. Die
       wiederum beobachten das Koze.
       
       So stehen sich AktivistInnen und PolizistInnen seit einer Woche gegenüber –
       und nichts passiert. Wozu also die ganze Aufregung?
       
       ## „Keinerlei Existenzberechtigung“
       
       „Was glauben Sie, wie schnell die den Zaun abmontiert haben, wenn wir die
       Polizei abziehen?“, fragt Finanzbehördensprecher Stricker zurück. Auf der
       anderen Seite des Zauns habe man sogar einen privaten Security-Dienst
       engagiert. Im Übrigen habe das Koze „keinerlei Existenzberechtigung“.
       
       Und das friedliche Treiben auf dem Schulhof? „Alles Klamauk“, sagt
       Stricker. „Die sind auf Krawall aus und außerdem einfach schlecht erzogen.“
       
       31 Jul 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katharina Schipkowski
       
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