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       # taz.de -- Kommentar US-Justizsystem: Verhaften, verurteilen, wegsperren
       
       > Der Fall Sandra Bland zeigt, wie kaputt das Justizsystem der USA ist.
       > Rassismus regiert. Obamas geplante Reform ist überfällig – und greift zu
       > kurz.
       
   IMG Bild: US-Präsident Obama will das Justizsystem reformieren. Besuch in einem Gefängnis in Oklahoma Mitte Juli.
       
       Der [1][Tod der Afro-Amerikanerin Sandra Bland] in einem Gefängnis in Texas
       wird sich wohl niemals restlos aufklären. So wie das Justizsystem in den
       USA funktioniert, ist Aufklärung sogar sehr unwahrscheinlich. Die „Black
       Lives Matter“-Aktivistin war tot aufgefunden worden, laut Polizei soll sie
       sich mit einem Plastikmüllsack erhängt haben. Eingesperrt war sie aufgrund
       eines Bagatelldeliktes. Und das ist, neben der Tragik ihres Todes, ein
       Skandal. Denn Blands Fall zeigt, wie kaputt das US-Justizsystem ist.
       
       Verhaften, verurteilen, einsperren – das ist das System. In keinem anderen
       entwickelten Land sitzen im Vergleich zur Bevölkerung so viele Menschen im
       Knast. [2][2,2 Millionen sind es], ein Zuwachs von 500 Prozent in den
       letzten 30 Jahren. Wegsperren ist einfacher als Resozialisierung oder gar
       Nachsicht bei kleineren Delikten. Ein afro-amerikanischer Mann ist dabei
       sechsmal mehr gefährdet ins Gefängnis zu kommen als ein weißer. 60 Prozent
       der Inhaftierten sind Minderheiten – und sie erhalten die härteren Strafen.
       Rassismus regiert das System.
       
       Die Folge sind völlig überfüllte Gefängnisse und ein überforderter Staat,
       der die Leitung der Gefängnisse immer häufiger an private Firmen abgibt,
       deren einziges Interesse Gewinnmaximierung ist. Selbst der Besuch in einem
       staatlichen Knast ist eine Tortur, die Sicherheitsvorkehrungen sind so
       absurd, dass Kleinkinder bis auf die Schuhsohlen gefilzt werden und
       Kaugummikauen verboten ist. Dass man Inhaftierten nur hinter kugelsicherem
       Glas begegnet – nebensächlich. Angst und Kontrolle dominieren.
       
       Barack Obama ist nun der erste Präsident, der gegen diese Missstände
       vorgehen will. [3][Letzte Woche besuchte er ein Gefängnis], um für eine
       geplante Justizreform zu werben. Unter anderem sollen überharte Strafen bei
       Drogendelikten verringert werden. Ein längst überfälliger Schritt, dem auch
       der Kongress zustimmen muss.
       
       Allein: Es darf nicht der einzige bleiben. Solange Bestrafung das einzig
       denkbare Konzept in der Gesellschaft ist, werden Polizisten, Staatsanwälte
       und Richter dieses Systemverständnis durchsetzen und weiterhin überhart
       agieren und reagieren. So wie bei Sandra Bland.
       
       22 Jul 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Afroamerikanerin-stirbt-in-Gefaengniszelle/!5216070
   DIR [2] http://www.sentencingproject.org/template/page.cfm?id=107
   DIR [3] http://www.washingtonpost.com/politics/obama-says-that-without-family-support-he-could-have-been-in-prison/2015/07/16/d676982e-2bd9-11e5-bd33-395c05608059_story.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rieke Havertz
       
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