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       # taz.de -- Kommentar Terror in der Türkei: Jeder in seinem Schützengraben
       
       > Nach dem Anschlag in Suruç und der blutigen Reaktion der PKK geben sich
       > AKP und HDP gegenseitig die Schuld. Der Neuanfang scheint vertan.
       
   IMG Bild: Die letzte Berührung: Angehörige beerdigen eines der Opfer von Suruç.
       
       Es hätte die Chance auf einen Neuanfang sein können. Was wenn nicht das
       furchtbare Massaker in der kurdischen Grenzstadt Suruç wäre ein Grund für
       die widerstreitenden politischen Gruppen der Türkei gewesen, innezuhalten
       und sich zu fragen: Was müssen wir anders machen, damit die Gefahr eines
       solchen Horrors in Zukunft gebannt werden kann?
       
       Tatsächlich gab es unmittelbar nach dem Terroranschlag einen Moment, der
       Hoffnung machen konnte. Der Schock über alle politischen Grenzen hinweg war
       groß. Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu erklärte ohne großes
       Drumherumgerede, er gehe davon aus, dass Anhänger des so genannten
       Islamischen Staates für das Massaker verantwortlich seien. Er lud alle im
       Parlament vertretenen Parteien ein, sich zu treffen und eine gemeinsame
       Erklärung gegen den Terror abzugeben. Dieses Treffen aber fand nicht statt.
       Der Moment für einen Neuanfang ging vorbei, ohne dass er auch nur richtig
       wahrgenommen worden wäre.
       
       Die kurdische HDP beschuldigte die regierende AKP, dass ihre Politik der
       Duldung und heimlichen Unterstützung des IS das Attentat überhaupt erst
       möglich gemacht habe – was nicht falsch ist, aber völlig ignorierte, dass
       Davutoğlu eine Änderung dieser Politik in Aussicht stellte. Statt zu reden,
       setzte die kurdische Guerilla der PKK allen politischen
       Annäherungsversuchen ein Ende, [1][als sie gestern als Rache für Suruç zwei
       Polizisten in ihrer Privatwohnung ermordete].
       
       Die Reaktion der Regierung kam prompt. Nach einer Sondersitzung des
       Kabinetts gestern Abend konterte Regierungssprecher Bülent Arınç die
       Vorwürfe der HDP, die Polizei hätte die Veranstaltung der sozialistischen
       Jugendgruppen in Suruç nicht geschützt mit der hinterhältigen Frage, warum
       denn auch kein Vertreter der HDP bei der Veranstaltung anwesend war.
       
       Hinter dieser Frage verbirgt sich eine Verschwörungstheorie, die in
       regierungsnahen Medien bereits früher zirkulierte. Die HDP habe von den
       Anschlagsvorbereitungen gewusst, es aber geschehen lassen, um der AKP die
       Schuld daran in die Schuhe schieben zu können. Der Chef der HDP, Selahattin
       Demirtaş, wies diese Unterstellung empört zurück, distanzierte sich
       gleichzeitig aber nur halbherzig vom Polizistenmord der PKK. Damit ist die
       Chance auf einen Neuanfang vertan. Jedes politische Camp bleibt in seinen
       Schützengräben. Der Terror wird weitergehen.
       
       23 Jul 2015
       
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