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       # taz.de -- Chancengleichheit in der Wissenschaft: Frauen erwarten mehr Förderung
       
       > Frauen sind in der Wissenschaft deutlich unterrepräsentiert. Das
       > zuständige Ministerium will das nur halbherzig ändern.
       
   IMG Bild: Die Bundesregierung zählt auf die Selbstverpflichtungserklärungen von Wissenschaftsorganisationen.
       
       Berlin taz | „Bislang schöpfen Frauen ihre Potenziale trotz hoher formaler
       Bildungsqualifikationen nicht aus. […] Selbst in Berufsfeldern mit hohem
       Frauenanteil gelingt es Frauen kaum, bis an die Spitze von Organisationen –
       gerade auch im Wissenschaftssystem – vorzudringen.“
       
       Diese Sätze stammen nicht aus der Emma, sondern vom
       Bundesbildungsministerium. Mit ihnen begründete das damals noch von Annette
       Schavan (CDU) geführte Ministerium 2006 die Notwendigkeit, gezielt
       Forschungsvorhaben zu fördern, die sich mit Genderaspekten befassen. Von
       2007 bis 2014 investierte daraufhin der Bund 36 Millionen Euro in das
       Programm „Frauen an die Spitze“. Für 2015 und 2016 sind 1,5 Millionen Euro
       eingeplant. Danach: nichts.
       
       „Bislang wurde keine Verlängerung der erfolgreichen Förderlinie ,Frauen an
       die Spitze‘ beschlossen“, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf
       eine Anfrage der Grünen. „Die Antwort auf unsere Anfrage zeigt: Die
       Bundesregierung nimmt die Förderziele zur Chancen- und
       Geschlechtergerechtigkeit in der Wissenschaft nicht ernst – obwohl sie
       diese auf EU-Ebene selber mit verhandelt und beschlossen hat“, kritisiert
       der hochschulpolitische Sprecher der Grünen, Kai Gehring.
       
       Gefragt, welche Maßnahmen die Bundesregierung ergreife, um Frauen in der
       Wissenschaft zu fördern, gibt sich die Regierung zurückhaltend. Sie
       verweist auf Selbstverpflichtungserklärungen von
       Wissenschaftsorganisationen zur Gewährung chancengerechter Strukturen und
       auf verschiedene Programme. Diese laufen jedoch entweder aus – wie das
       „Frauen an die Spitze“-Programm – oder sie sind überzeichnet.
       
       So unterstützen Bund und Länder seit 2007 mit Millionenbeträgen
       Hochschulen, die Frauen bis zur Professur fördern. Der Frauenanteil unter
       den LehrstuhlinhaberInnen beträgt derzeit 20 Prozent. Obwohl 96 Hochschulen
       eine Förderzusage erhalten haben, stehen 51 Anträge von ihnen noch auf der
       Warteliste. Es fehlen insgesamt 17 Millionen Euro. Gefragt, ob man das
       Programm nicht einfach aufstocken wolle, verweist das BMBF auf eine
       ausweichende Antwort vom Mai: Das Programm sei mit den Ländern so
       vereinbart worden und könne aus rechtlichen Gründen nicht modifiziert
       werden.
       
       ## Blamabler hinterer Platz
       
       Auch auf die Frage, wie der Nachwuchs gendergerechter gefördert werden
       könne, antwortet das von Johanna Wanka (CDU) geförderte Ministerium wolkig:
       Gegenwärtig werde eine Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes
       vorbereitet. „Hierbei sollen auch die Regelungen zur Vereinbarkeit von
       Wissenschaft und Familie, die dem wissenschaftlichen Nachwuchs zugutekommen
       […] überarbeitet werden.“
       
       Wanka lasse Wissenschaftlerinnen im Stich, konstatiert die stellvertretende
       Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katja Dörner. „Dabei belegen wir schon
       jetzt im europäischen Vergleich einen blamablen hinteren Platz beim
       Frauenanteil im Forschungsbereich“, erklärt Dörner gegenüber der taz. „Die
       richtige Konsequenz aus dieser Tatsache wäre, Gas zu geben und bestehende
       Programme zumindest zu verstärken.“
       
       4 Aug 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Lehmann
       
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