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       # taz.de -- Flüchtlingsunterkunft an der Bremer Uni: Zelte am Elfenbeinturm
       
       > An der Uni Bremen leben bald bis zu 420 Flüchtlinge in Zelten. Eine
       > Studenten-Gruppe will sie unterstützen – aber nicht von „oben herab“.
       > Nicht immer haut das hin.
       
   IMG Bild: Haben nun Flüchtlinge als Nachbarn: Studenten an der Uni Bremen
       
       Bremen taz | Seit Ende Juli wird es voller rund um die Uni Bremen: In der
       Nähe des NW1-Gebäudes ziehen dieser Tage Flüchtlings-Familien in ein
       Zeltlager. Bis zu 300 Menschen sollen hier wohnen. Bereits seit Anfang Juli
       leben 120 minderjährige unbegleitete Geflüchtete im Technologiepark in
       einem großen Zelt. Sie kommen aus Guinea, Afghanistan oder Syrien. An wohl
       kaum einem anderen Ort ist eine Institution so nah, die Infrastruktur und
       UnterstützerInnen bieten könnte.
       
       Tatsächlich haben sich einige StudentInnen zusammengefunden, um die
       Flüchtlinge zu unterstützen: Ende Juni rief eine Hand voll Studierender die
       „AG Refugees Welcome an der Uni Bremen“ ins Leben. Mittlerweile ist die
       Truppe auf 30 AktivistInnen angewachsen. Sie bieten Deutschkurse für
       Flüchtlinge an, wollen gemeinsam Sport machen und feiern. Und: Sie wollen
       manches anders angehen, als die vielen Nachbarschafts-Initiativen, die sich
       in der Nähe von Flüchtlingsheimen gründen.
       
       Der Anspruch ist hoch: Auf keinen Fall wollten sie „paternalistisch“ sein,
       sagt einer der Studenten, und nicht zu einem „reinen Hilfsverein“ werden,
       der sich um Flüchtlinge „von oben herab“ kümmere.
       
       ## Kapuzenpulli und Mate
       
       „Empowerment“, meint Jendrik Hilgerloh, das sei sehr wichtig. An einem
       Montagnachmittag sitzt er in einem Raum in der Asta-Etage und moderiert das
       Treffen. 25 Studierende sind gekommen – der Raum ist überfüllt. Von hier
       aus kann man auf die Schienen der Linie 6 und auf die große Glashalle
       blicken und fast bis zu den Flüchtlingszelten. „Empowerment, ja“, darum
       ginge es, sagt auch ein anderer. Hilgerloh ist von der Hochschul-Gruppe
       „Campus Grün“, manche in der Runde tragen Kapuzenpullover und trinken Club
       Mate, andere passen nicht in das Raster des links-alternativen Studenten.
       Es ist eine bunte Truppe aus allen Fachbereichen.
       
       Weil sie nicht unter sich bleiben wollen, gehen sie vor jedem Plenum
       hinüber zum Zelt und sagen den Flüchtlingen Bescheid. Das Treffen wird dann
       komplett in Englisch abgehalten. Sogar einen eigenen Arbeitskreis gibt es,
       der sich um die Wahrung des politisch-emanzipatorischen Ansatzes kümmert.
       
       ## Anspruch und Wirklichkeit
       
       Doch in der Praxis hat die ganze Theorie ihre Tücken. Zum Treffen kamen bei
       diesem Mal nur zwei der geflüchteten Jugendlichen. „Viele im Zelt glauben,
       dass die Arbeit der Studierenden nichts bringt und es Zeitverschwendung
       ist“, sagt einer der beiden. Erst vor einigen Wochen kam er aus Syrien.
       Dass die Treffen auf Englisch abgehalten werden, hilft zumindest jenen
       wenig, die etwa aus Guinea kommen und eher Französisch sprechen. Daneben
       gab und gibt es technische Hindernisse: Absprachen der Gruppe laufen
       größtenteils über E-Mails oder Facebook, die Geflüchteten aber hatten bis
       vor wenigen Tagen keinen Internetzugang.
       
       Darum aber haben sich die Studenten nun gekümmert: Sie stießen an, dass
       zumindest in der Bibliothek für die 120 Jugendlichen Gastaccounts
       eingerichtet werden. Es wurden nur zehn, aber immerhin. Laut Uni-Sprecher
       Eberhard Scholz ist nun auch im Bereich des einen Zeltes ein WLAN-Netz
       eingerichtet worden.
       
       Ein Projekt hat dagegen gar nicht geklappt: In Walle wollte die Gruppe in
       einer Parzelle gemeinsam mit den Flüchtlingen einen Garten pflegen. Doch
       von den Jugendlichen kam keiner. „Vielleicht war der Weg zu weit“, sagt
       einer der Studenten. Womöglich sei es aber auch zu langweilig – und
       vielleicht lag es auch an der zentralen Verpflegung im Zelt: Wer die
       Essensausgabe verpasst, kann Pech haben und nichts mehr bekommen. Ein
       Problem, das die Studierenden nicht haben.
       
       Dennoch, insgesamt finden viele der Flüchtlinge gut, was die Gruppe macht.
       „Es ist schön, dass sie ins Camp gehen und fragen, was wir wollen“, erzählt
       ein Jugendlicher. Viele von ihnen würden sich im Alltag langweilen und
       seien froh über etwas Abwechslung. Die angebotenen Deutschkurse würden von
       mehr als der Hälfte der Geflüchteten besucht werden. Dass ihnen Kraftraum
       des Sportturms offen steht, verhandeln die Studies noch. Dass sie bald
       Fußball auf den Sportplätzen der Uni spielen dürfen, steht schon fest.
       „Super“, sei das, sagt einer. Auch die Feier zum „Zuckerfest“, die die
       Gruppe vor anderthalb Wochen mit dem Islamischen Hochschulbund (IHB)
       veranstaltete, war mit knapp 60 Flüchtlingen gut besucht.
       
       ## Uni „koordiniert“ und „unterstützt“
       
       Die Kosten für das Fest trug dabei hauptsächlich das Rektorat der Uni
       Bremen. Manche unter den Studenten kritisieren, dass das Engagement der Uni
       größer sein könnte. Die meisten Kosten für die Projekte mit den
       Flüchtlingen würden bislang vom Asta übernommen. Die „Uni schläft nicht“,
       versichert hingegen Uni-Sprecher Scholz, „Die Verwaltung arbeitet
       unterstützend und koordiniert die Hilfe.“
       
       Der Aktivist Jendrik Hilgerloh hofft, dass die Gruppe bei den Geflüchteten
       noch bekannter wird und sie noch mehr eingebunden werden. An Arbeit
       zumindest mangelt es nicht, spätestens, wenn die weiteren 300 Flüchtlinge
       auf den Campus kommen.
       
       3 Aug 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Kreutz
       
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