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       # taz.de -- Zeit-Experiment „Ze.tt“: Ein bisschen wie Buzzfeed
       
       > Nach US-Vorbild versuchen es auch deutsche Verlage mit „viralen“
       > Plattformen. Für die Whatsapp-Generation gibt es jetzt „Ze.tt“ vom
       > Zeit-Verlag.
       
   IMG Bild: Sprung ins kalte Wasser: „Zeit Online“ beobachtet wie sich „Ze.tt“ so macht.
       
       BERLIN taz | Jochen Wegner ist vorsichtig geworden. „Wir haben neun
       Millionen Leser“, sagt der Zeit-Online-Chefredakteur. „Die erwarten
       bestimmte Dinge, wenn sie morgens zu uns kommen.“ Sein Verlag hat größere
       Experimente deshalb neuerdings ausgelagert. Die [1][neue Spielwiese Ze.tt]
       ist seit einer Woche am Start – so wie eigentlich das ganze Internet bis
       auf Weiteres als Betaversion.
       
       „Ze.tt weiß noch nicht, was es werden wird“, sagt Wegner. Er selbst hat
       hier formal nichts zu sagen. Zeit Online ist der große Bruder, der seiner
       kleinen Schwester hier und da mit Lebenserfahrung hilft, aber nicht ständig
       mit ihr abhängen will. Gleichzeitig weiß Zeit Online aber: Die
       Aufmerksamkeit der Zeit-Familie gilt nun vor allem Ze.tt.
       
       Das neue Projekt um Sebastian Horn, der einst selbst bei Zeit Online war,
       fügt sich in einen Trend ein, der Deutschland schleppend erreichte. Die
       neuen Angebote sind so etwas wie native Nachrichtenportale, gemacht von
       JournalistInnen, die sich ins Web 2.0 verguckt haben, für Menschen, die
       mehr Zeit auf Twitter, Facebook und Co. verbringen als anderorts im Netz.
       Die Geschichten sollen dann auch vor allem „viral gehen“, also Emotionen
       treffen. NutzerInnen sollen Schreckliches oder Süßes teilen.
       
       Bei Ze.tt heißt das, man wolle „für Gesprächsstoff in WhatsApp-Gruppen und
       WG-Küchen sorgen“ und Leute erreichen „vom Ende der Schule bis zum ersten
       Jobwechsel“. Letztlich geht es also darum, wieder mehr junge Nutzer
       anzufixen, während die klassischen Nachrichtenportale mit ihren Fans
       gealtert sind – so wie Radiosender.
       
       ## Primär auf Social Media gesetzt
       
       Horns Truppe – zum Start gerade mal eine Handvoll sehr junge
       JournalistInnen – liefert Geschichten wie „Warum die Ermittlungen gegen die
       Blogger von Netzpolitik.org ein schlimmes Zeichen sind“, „Wie schüchterne
       Männer ihre Freundin fanden“ und „Wie du Overly Attached WhatsApper
       loswirst“ – Schmunzler oder Aufreger. Wie das geht, lebt seit bald einem
       Jahr hierzulande ein Ableger von BuzzFeed vor, dem King der Szene aus den
       USA.
       
       Projektleiter Horn sieht in der neuen Machart „ein bisschen eine neue Form
       des Journalismus“. Ze.tt setze „wirklich primär auf Social Media“ als
       Kanal. Seine Redaktion schaue außerdem „sehr genau auf Daten: Was wird
       geteilt, was wird geklickt, was wird kommentiert.“
       
       Im Hintergrund testet die Redaktion außerdem für dieselbe Geschichte
       verschiedene Überschriften und schaut im laufenden Betrieb, welche besser
       ankommt – so wie das Viral-Portale aus den USA längst vorleben. Horn äußert
       sich dazu nur vage, doch die Geschichte über die nervigen WhatsApper lief
       etwa auch unter der Zeile „Die besten Ausreden für zu späte
       WhatsApp-Antworten“.
       
       ## Auch Spiegel Online experimentiert
       
       Bei Spiegel Online bereitet das vor einigen Monaten installierte
       Innovationsteam ebenfalls eine Offensive für besonders stark vernetzte
       LeserInnen vor. Der Verlag hat einige Mitarbeiter überredet, nicht zu
       BuzzFeed zu wechseln, das Projekt um einen Mitarbeiter verstärkt, der sich
       davor beim ZDF um Neues im Web 2.0 gekümmert hat (aber eine Mitarbeiterin
       an Ze.tt verloren) und sich vor allem mit dem klugen jungen Schweizer
       Portal Watson zusammengetan. Offen darüber reden möchte im Verlag aber
       derzeit noch keiner.
       
       Zeit-Online-Chef Wegner hofftunterdessen, von Ze.tt möglichst bald viel
       lernen zu können, um das ein oder andere für das große, inzwischen muss man
       schon sagen: althergebrachte Portal adaptierten zu können. Etablierte
       Redakteure könnten schließlich nicht mehr so leicht „außerhalb unserer Box
       denken“. Das „radikal neue“ Projekt sei deshalb auch nicht in derselben
       Redaktion verortet, damit die Truppe um seinen Kollegen Horn „die Dinge
       völlig neu erfinden“ könnten.
       
       Tatsächlich ist Ze.tt – so wie im vergangenen Sommer schon das deutsche
       BuzzFeed – mit Minimalkonfiguration gestartet. „Die bauen das Flugzeug,
       während sie schon damit fliegen“, sagt Wegner. „Wir gucken mal, wo das
       endet.“
       
       3 Aug 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://ze.tt/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bouhs
       
       ## TAGS
       
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