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       # taz.de -- Kommentar Kita-Tarifkonflikt: Eine Rebellion für die Kinder
       
       > Der Kita-Tarifstreit geht weiter. Es drohen neue Streiks. Eltern müssen
       > das akzeptieren, wenn ihnen ihre Kinder lieb sind.
       
   IMG Bild: Für die Eltern wären neue Streiks eine Zumutung. Am Ende profitieren sie aber davon.
       
       Das ist kein Warnruf mehr, sondern eine schrille Alarmsirene. Die
       Ergebnisse der [1][Mitgliederbefragungen über die Schlichtungsempfehlung im
       Sozial- und Erziehungsdienst] hätten eindeutiger nicht ausfallen können. Ob
       bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, beim kleineren Beamtenbund oder
       der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft: Die betroffenen Beschäftigten
       geben sich in ihrer übergroßen Mehrheit nicht zufrieden mit dem mickrigen
       Tarifabschluss, den die Schlichtungskommission vorgeschlagen hat.
       
       Das ist ein deutliches Signal an die Arbeitgeber: Es ist höchste Zeit, den
       ErzieherInnen, SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen die Anerkennung
       zukommen zu lassen, die sie verdienen. Wenn Betreuung, Bildung und
       Erziehung für die Städte und Gemeinden tatsächlich den hohen Stellenwert
       besitzen, der ihnen in Sonntagsreden zugewiesen wird, dann müssen sie auch
       in das dafür zuständige Personal investieren.
       
       Aber das Ergebnis der Befragungen ist auch ein Desaster für die
       Gewerkschaften. Insbesondere die Verdi-Spitze, die bei den Verhandlungen
       die Federführung hatte, hat sich eine deftige Klatsche eingefangen: Sie
       hätte sich nicht auf einen solch faulen Kompromiss einlassen dürfen.
       Offenkundig funktioniert ihr innergewerkschaftlicher Seismograf nicht mehr.
       Sonst hätten Frank Bsirske & Co die tiefe Enttäuschung der Beschäftigten,
       die wochenlang aufopferungsvoll für die Aufwertung ihrer Berufe gekämpft
       haben, frühzeitig erkannt.
       
       Es ist eine offene Rebellion: Trotz massiver Agitation des
       Hauptamtlichenapparats verweigert sich die Basis der Direktive und gibt
       nicht klein bei. Aber was macht nun eine Gewerkschaft, deren Mitglieder für
       einen besseren Abschluss kämpfen wollen, deren Führung aber keinen Bock
       mehr darauf hat? Die Frage stellt sich noch grundsätzlicher: Wie
       demokratisch ist Verdi? Wie ernst nimmt die Führung das Votum der Basis?
       
       ## Eine Bewährungsprobe für den Verdi-Chef
       
       Beim Poststreik hat es sich die Verdi-Spitze einfach gemacht: Bei ihrer
       jämmerlicher Kapitulation vor dem Postvorstand Anfang Juli fragte sie die
       betroffenen – und äußerst frustrierten – Postbeschäftigten erst gar nicht.
       In der Auseinandersetzung im Sozial- und Erziehungsdienst ist das
       glücklicherweise anders.
       
       Frank Bsirske steht die größte Bewährungsprobe seiner 14-jährigen Amtszeit
       bevor. Von einem „absolut klaren Signal“ und einem „eindeutigen
       Handlungsauftrag“ hat der Verdi-Chef nach der Streikdelegiertenkonferenz am
       Samstag gesprochen. Von den derzeit noch insgesamt knapp 2,1 Millionen
       Verdi-Mitgliedern wird er sich daran messen lassen müssen, mit welcher
       Entschlossenheit er die Tarifauseinandersetzung jetzt weiterführt.
       
       Vielleicht holt er sich ja ein paar Tipps bei dem GDL-Vorsitzenden Claus
       Weselsky, wie sich mit Ausdauer, Nervenstärke und notwendiger Konsequenz
       ein Arbeitskampf auch gegen größte Widerstände erfolgreich führen lässt.
       
       Und die Eltern? Sie sind die Hauptleidtragenden dieses Arbeitskampfes.
       Selbstverständlich ist ein Kita-Streik für sie eine Zumutung. Aber so
       absolut verständlich ihr Unmut ist, wenn die Kita geschlossen bleibt: Ihren
       Protest sollten sie an die richtigten Adressaten richten. Es ist die
       Halsstarrigkeit der Städte und Gemeinden, die auf ihre Kosten geht. Die
       Kita-Beschäftigten nehmen nur ein Grundrecht war. Auch vielen Eltern dürfte
       bewusst sein, dass diejenigen, die ihre Kinder tagsüber betreuen, mehr
       verdient haben, als sie derzeit bekommen.
       
       9 Aug 2015
       
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