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       # taz.de -- Kommentar Funkzellenabfrage: Die digitale Razzia
       
       > Mit der Funkzellenabfrage kontrolliert die Polizei die Mobiltelefone
       > unschuldiger Bürger. Doch wer kontrolliert eigentlich die Polizei?
       
   IMG Bild: Smartphones begleiten uns im Alltag. Und mit ihnen die Polizei.
       
       Fernab von öffentlicher Kontrolle ist [1][die nicht individualisierte
       Funkzellenabfrage] zu einem Standard-Ermittlungsinstrument deutscher
       Polizeibehörden geworden. Wer hat mit wem telefoniert oder SMS geschrieben?
       Wo befanden sich die Personen? Waren sie schon einmal in Tatortnähe? Eine
       digitale Razzia.
       
       Natürlich kennen auch Konzerne wie Facebook oder Apple unsere
       Kommunikationsdaten, doch die Nutzer liefern sie – mehr oder weniger –
       freiwillig aus. Nicht so beim Zugriff durch den Staat, der jeden Bürger
       durchschnittlich zehn Mal im Jahr einer Straftat verdächtigt. So viel lässt
       sich sagen, auch wenn die Datenlage einem Puzzle mit nur sehr wenigen
       Teilen gleicht.
       
       Jede Funkzellenabfrage ist ein schwerer Eingriff in die grundrechtlich
       geschützte Privatsphäre unschuldiger Bürger. Notwendig ist eine umfassende
       Transparenz und Evaluierung der Datensammelwut. Doch beides fehlt. Nur auf
       parlamentarische Anfrage hin rücken Behörden mit Daten heraus – meist mit
       vielen Monaten Verspätung und ohne Nennung von Details. Der Berliner
       Bericht für 2014 lieferte nur ein Bruchteil der vom Parlament abgefragten
       Daten. Wieder einmal soll ein Überwachungsinstrument im Verborgenen
       bleiben.
       
       Vor diesem Hintergrund ist es geradezu dreist, dass Berlins Justizsenator
       Thomas Heilmann die Maßnahme noch häufiger einsetzen will. Nicht nur bei
       schweren Straftaten, auch bei Delikten wie Autodiebstählen möchte er zur
       Massenüberwachung greifen.
       
       Hinzu kommt: Statistiken darüber, ob Funkzellenabfragen tatsächlich
       effektiv auf die Spur von Kriminellen führen, fehlen. Indizien deuten eher
       darauf hin, dass sie meist ins Leere laufen. Verwunderlich wäre das nicht:
       Denn wer geht schon davon aus, dass die Täter in Fällen schwerer und
       organisierter Kriminalität stets ein auf ihren Namen registriertes Handy
       bei sich tragen? Ach ja, Innenpolitiker und Polizei natürlich.
       
       10 Aug 2015
       
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