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       # taz.de -- Kommentar Atomenergie in Japan: Kurze politische Halbwertszeit
       
       > 2014 produzierte Japan kein einziges Kilowatt Atomstrom – wegen der
       > Katastrophe von Fukushima. Nun geht es weiter mit der Atomkraft.
       
   IMG Bild: Aus Schaden nicht klug geworden: Die zerstörte Atomanlage von Fukushima
       
       Japan war – rein nominal betrachtet – im Jahr 2014 bereits dort, wo
       Deutschland im Jahr 2023 sein will: Erstmals seit Jahrzehnten wurde im
       ganzen Land keine einzige Kilowattstunde Atomstrom mehr produziert.
       
       Und doch ist die Situation in beiden Ländern natürlich völlig verschieden.
       In Deutschland, so darf man zuverlässig annehmen, wird der Ausstieg ein
       endgültiger sein. In Japan hingegen war er es nicht – schon 2015 wird das
       Land in der Statistik der Atomstromerzeuger wieder auftauchen.
       
       Denn in Japan war der Stillstand der Reaktoren allein durch die
       Fukushima-Katastrophe getrieben. Weil die politische Halbwertszeit von
       Katastrophen aber leider kurz ist, beginnen nun Politiker und Behörden ihre
       Entscheidungen Schritt für Schritt zu revidieren. Anders als Deutschland
       kann Japan seinen Atomausstieg schließlich nicht auf eine jahrzehntelange
       Vorarbeit stützen – er brach mit dem Tsunami unerwartet über das Land
       herein.
       
       Zwar galt Japan einmal kurz – das war Mitte der neunziger Jahre – mit einem
       70.000-Dächer-Solarprogramm weltweit als Musterland der Photovoltaik. Doch
       dieses Projekt war mehr der Faszination an der zugrundeliegenden
       Halbleitertechnik geschuldet als dem Willen, eine Energiewende anzustoßen.
       Entsprechend änderte es am Energiemix im Land wenig.
       
       In Deutschland hingegen sind der politische Kampf gegen die Atomkraft und
       der praktische Einsatz der Bürger für die erneuerbaren Energien seit jeher
       verflochten. Häuslebauer, die sich Solaranlagen aufs Dach schrauben,
       Genossenschaften, die Windräder errichten, Landwirte, die Biogasanlagen
       bauen – sie alle sichern den Ausstieg seit Jahren ab.
       
       Es sind in Deutschland die Bürger, die den Atomausstieg heute gegenüber der
       Politik unangreifbar machen. Mancher Japaner dürfte in diesen Tagen mit
       Neid auf diese Errungenschaft der deutschen Zivilgesellschaft blicken.
       
       11 Aug 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernward Janzing
       
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