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       # taz.de -- Aktivistin über den Yasuní-Nationalpark: „Ölförderung wird sich ausdehnen“
       
       > Die Regierung Ecuadors wird an den Erdölbohrungen in der einzigartigen
       > Landschaft festhalten. Das sagt Elena Gálvez von der Umweltschutzgruppe
       > Yasunidos.
       
   IMG Bild: Proteste gegen Ecuadors Präsident Rafael Correa im Juli 2015.
       
       taz: Frau Gálvez, vor gut zwei Jahren hat Ecuadors Regierung mit Präsident
       Rafael Correa die Initiative Yasuní-ITT offiziell fallen gelassen. Die
       Initiative sah vor, die in einem Teilgebiet der Yasuní-Region vermuteten
       Ölreserven unangetastet im Boden zu lassen. Die Regierung verkündete
       damals, man werde nunmehr mit der Erdölförderung in diesem Teil des
       Nationalparks beginnen. Ihre Initiative versucht weiterhin, das zu
       verhindern. Was ist der Stand?
       
       Elena Gálvez: Wir hatten ja ein Volksbegehren gestartet, um einen
       Volksentscheid über die Erdölförderung zu erzwingen. Wir haben fast eine
       Million Unterschriften gesammelt. Diese Unterschriften wurden auf extrem
       tendenziöse Weise vom Nationalen Wahlrat geprüft – und 60 Prozent der
       Unterschriften für ungültig erklärt. Wir haben dieses Ergebnis nicht
       anerkannt. Wir kämpfen derzeit vor Gericht darum, dass uns die
       Unterschriftenlisten zurückgegeben werden, damit wir sie erneut von einer
       unabhängigen Instanz prüfen lassen können.
       
       Und was passiert nun derzeit im Yasuní-ITT?
       
       Die Förderung steht im Moment ziemlich still wegen der niedrigen Ölpreise.
       Aber an der Infrastruktur wird weitergebaut, und das anders als
       angekündigt. Es sollte zum Beispiel eigentlich nur vier Meter breite
       Zufahrtstraßen geben – die haben jetzt 25 Meter Breite.
       
       Welche Gruppen innerhalb der ecuadorianischen Gesellschaft stellen sich
       denn der Erdölförderung am vehementesten entgegen? Sind das die
       Ureinwohner, die in den betroffenen Gebieten der Yasuní-Region leben? 
       
       Nein. Das Gebiet ist ja auch nur sehr dünn besiedelt. Aktiv gegen die
       Erdölförderung in Yasuní-ITT ist die ecuadorianische Zivilgesellschaft. Es
       gibt auch Widerstand der indigenen Bevölkerung aus der Region, aber nicht
       alle sind dagegen.
       
       Rafael Correa gilt ja als sehr populärer Präsident, der die letzte
       Wiederwahl mit Leichtigkeit gewonnen hat. Hat die strikte Gegnerschaft
       seiner Regierung zu Ihrer Initiative innerhalb der Bewegung zu Spaltungen
       geführt? 
       
       Nein. Es gab auch viele, die für die Regierung Correa waren, aber gegen die
       Erdölförderung im Nationalpark. Das Thema Yasuní hat im Gegenteil eine sehr
       in Anhänger und Gegner des Präsidenten gespaltene Gesellschaft an dieser
       Stelle vereint.
       
       Eines der zentralen Argumente der Regierung Correa ist, dass die Einnahmen
       aus der Erdölförderung für die Finanzierung der sozialpolitischen Vorhaben
       gebraucht werden. Was entgegnen Sie? 
       
       Wenn man die Steuern für die zehn wichtigsten wirtschaftlichen Machtgruppen
       im Land erhöht, die derzeit praktisch keine Steuern zahlen, dann könnte man
       doppelt so viele staatliche Einnahmen generieren wie durch die
       Erdölförderung im Yasuní-Nationalpark. Dazu kommt: Wenn man die Kosten der
       Erdölförderung den angesichts der niedrigen Ölpreise zu erwartenden
       Einnahmen gegenüberstellt, kommt dabei kaum noch Gewinn heraus. In den
       vergangenen Wochen gab es eine Reihe großer Demonstrationen gegen die
       Regierung Correa.
       
       Macht das Ihre Arbeit leichter oder schwerer? 
       
       Schwerer. Es ist zwar nicht nur die Rechte, die da auf die Straße geht,
       aber einige rechte Politiker haben die Führung übernommen. Das hat die
       Atmosphäre sehr vergiftet, denn jetzt werden alle, die in bestimmten Fragen
       eine andere Haltung einnehmen, über einen Kamm geschert und kriminalisiert.
       
       Amnesty International hat bereits 2012 einen Bericht über die
       Kriminalisierung von Sozialprotesten in Ecuador veröffentlicht. Ist das ein
       Phänomen, welches mit der aktuellen Regierung entstanden ist? 
       
       Nein, das gab es auch vorher. Aber es ist mit dieser Regierung schärfer
       geworden, und das hängt damit zusammen, dass der Druck auf die
       Bodenressourcen gewachsen ist. Es gibt einfach mehr Proteste. Und weil es
       dabei fast immer um strategische Anliegen der Regierung geht – das Erdöl
       etwa ist ja bereits zur Kreditrückzahlung verkauft, bevor es überhaupt
       gefördert ist –, kann sie da keinen Widerstand gebrauchen und
       kriminalisiert die Opposition.
       
       Was glauben Sie, wird in fünf Jahren im Yasuní-ITT Erdöl gefördert werden?
       
       Ja, ich glaube, die Regierung wird an dem Projekt festhalten, die
       Erdölfördergrenze in Ecuador wird sich weiter ausdehnen. Aber auch die
       Bewegung dagegen schläft nicht. Wir werden in der Lage sein, eine große
       Debatte über den ecuadorianischen Entwicklungsweg zu entfachen, damit das
       nicht eine solche Einbahnstraße bleibt.
       
       16 Aug 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernd Pickert
       
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