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       # taz.de -- Meeressäuger können coole Sachen: Das Atmen der Wale
       
       > Wale blasen aus Atemluft Kringel, dass Kettenraucher neidisch werden und
       > jagen Fischschwärme mit „Blasenvorhängen“.
       
   IMG Bild: Echte Könner im Shimane Aquarium der japanischen Stadt Hamada.
       
       Berlin taz | Wale können auf zweierlei Weise Atemluft ausblasen. Einmal
       durch die Blasloch genannten Atemlöcher auf der Kopfoberseite und zum
       Anderen durch den Mund. Wie wir müssen sie beim Tauchen die Luft anhalten,
       damit sie lange genug unter Wasser bleiben können und tief genug kommen, um
       Nahrung zu finden. Einige Arten können bis zu zwei Stunden tauchen, dazu
       speichern sie in ihrem Blut und ihren Muskeln Sauerstoff.
       
       Ist ihre Luft verbraucht, tauchen sie auf und stoßen diese durch ihre
       Atemlöcher aus – was wie eine Fontäne aussieht. Seeleute berichten, dass
       manche Wale sich einen Spaß daraus machen, die Fontäne so auszustoßen, dass
       die Schiffsmannschaft nass wird. Außerdem stinkt ihre ausgeblasener Atem
       unangenehm und das Herauspusten ist laut.
       
       Die andere Möglichkeit, Luft auszustoßen, besteht darin, dass sie Luft aus
       dem Mund blasen. Der [1][Berliner Kurier] [2][zeigt auf seiner
       Internetseite ein Video], auf dem Beluga-Wale unter Wasser Ringe blasen.
       Dazu formen sie ihren Mund – ähnlich wie Tabakraucher, die Ringe ausstoßen
       – zu einem Kussmund.
       
       „Spektrum.de“ erwähnt Buckelwale, die „Blasenjagden“ auf Fische
       veranstalten. Sie treiben zu mehreren einen Schwarm nach oben, „dann
       produzieren sie regelrechte Blasenvorhänge, indem sie Luft ins Wasser
       ablassen, um die Beute weiter zu konzentrieren, bevor sie schließlich mit
       weit geöffnetem Maul senkrecht aufsteigen, um ganze Schwärme auf einmal zu
       verschlingen“. Die Autoren teilen allerdings nicht mit, ob die Wale ihre
       „Blasenvorhänge“ mit den Atemlöchern bilden oder mit dem Maul oder mit
       beidem.
       
       ## Schleim aus den Atemwegen
       
       Der in arktischen Gewässern lebende Grönlandwal besitzt wie alle Bartenwale
       zwei Blaslöcher, mit denen er zwei Fontänen bis zu vier Meter hoch blasen
       kann. Der Blauwal sogar bis zu zehn Meter. Zwar blasen die Wale ihre
       Atemluft schon aus, bevor ihr Blasloch aus dem Wasser herausragt, sodass
       Wasser mit hochspritzt, aber ihre Fontäne besteht zum Teil auch aus
       Schleim, der in den Atemwegen sitzt und mit ausgestoßen wird.
       
       Der Meereszoologe und Walforscher Boris Culik vom Institut für
       Meereswissenschaften der Universität Kiel erwähnt ferner, dass eine
       gehörige Portion Wasser auch der Atemluft selbst entspringt: Im Körper des
       Wals hat die Luft eine Temperatur von 37 Grad. Sie ist mit Feuchtigkeit
       gesättigt. Kommt sie beim Ausatmen aus dem Nasenloch herausgeschossen,
       dehnt sich die Luft aus und kühlt ab.
       
       Dabei kondensiert der Wasserdampf augenblicklich zu kleinen
       Wassertröpfchen. Der feine Nebelstrahl unterscheidet sich von Walart zu
       Walart. Der Pottwal zum Beispiel atmet nicht senkrecht nach oben aus,
       sondern 45 Grad zur Seite. Walfänger und geübte Beobachter können die
       Meeressäuger schon von weitem an der Höhe und der Form ihrer Fontäne
       identifizieren.
       
       Zu den geübtesten Beobachtern zählen die von der Waljagd lebenden
       Ureinwohner Kamtschatkas, Alaskas und der Aleuten, während die Zoologen
       lange Zeit nur fragmentarische Kenntnisse von den Walen besaßen. Das
       änderte sich mit dem romantischen Dichter und Hüter des Herbariums im
       Berliner Botanischen Garten, Adelbert von Chamisso, und dessen 1824
       veröffentlichte Abhandlung über Wale.
       
       ## Das Wissen der Aleuten
       
       Dazu schreibt die Literaturwissenschaftlerin Marie-Theres Federhofer in
       ihrem Buch in der Reihe Bibliotheca Sibiro-pacifica: „Chamisso verwendet
       darin die Kenntnisse einer Urbevölkerungsgruppe, und es gelingt ihm, dieses
       Wissen in die Ordnung eines europäischen Wissenschaftsverständnisses
       hinein- und weiterzuvermitteln.“ Chamisso verweise schon im Titel
       (Cetaceorum maris Kamtschatici imagines ab Aleutis e Ligno Fictas) darauf,
       dass er auf das Wissen der auf einer Inselkette am Südrand des Beringmeers
       lebenden Aleuten zurückgreife, die er während einer Weltreise zweimal
       besucht habe, erklärt Federhofer.
       
       Die Wal-Kenntnis des Dichters sei das Ergebnis von „Übersetzungsprozessen“:
       „Das mündlich überlieferte Wissen der Aleuten wird in eine europäische Form
       der Wissenspräsentation übersetzt, sie werden verschriftlicht und einem
       europäischen Denkstil, der zoologischen Systematik, angepasst…“
       
       Im Rückblick, schreibt Federhofer, sei es fast schmerzhaft zu lesen, dass
       sich Chamisso genau dann ernsthaft mit dem Wissen der Aleuten beschäftigte,
       „als diese brutal von russischen Pelzhändlern unterdrückt und versklavt
       wurden“. Und gleichzeitig die Wale durch europäische und amerikanische
       Walfänger fast ausgerottet wurden.
       
       12 Aug 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.berliner-kurier.de/panorama/suesses-video--diese-beluga-wale-koennen-ringe-blasen,7169224,28293144.html
   DIR [2] http://www.berliner-kurier.de/panorama/suesses-video--diese-beluga-wale-koennen-ringe-blasen,7169224,28293144.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Helmut Höge
       
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