# taz.de -- Voraussetzungen für drittes Hilfspaket: Griechenland spart und hofft
> Athen ist sich mit den Geldgebern über einen Sparkurs als Voraussetzung
> für ein drittes Hilfspaket einig. Der linke Flügel von Syriza
> protestiert.
IMG Bild: Bester Laune: Alexis Tsipras.
ATHEN taz | Unglaubliche 23 Stunden dauerte die letzte Verhandlungsrunde
des griechischen Finanzministers Euklid Tsakalotos mit den internationalen
Geldgebern. Am frühen Dienstagmorgen dann erfolgte die Erfolgsmeldung: Eine
Einigung auf ein weiteres Rettungspaket für Griechenland liege vor,
allerdings müssten noch einige „Einzelheiten“ im Laufe des Tages geklärt
werden, hieß es.
Details sind noch nicht bekannt. Dem Vernehmen nach besteht die neue
Vereinbarung aus zwei Teilen. Im ersten Teil verpflichtet sich die
griechische Seite ausdrücklich zu einem neuen „Memorandum der Sparpolitik“
und erhält als Gegenleistung weitere Finanzhilfen in Höhe von über 60
Milliarden Euro bis Ende 2018. Der zweite Teil beinhaltet eine Liste von
sogenannten „prior actions“: Es handelt sich um insgesamt 35
Sofortmaßnahmen, denen zugestimmt werden muss, bevor die Geldgeber einen
einzelnen Euro nach Athen überweisen.
Nach Angaben der konservativen Athener Tageszeitung Kathimerini gehören
dazu vor allem Reformgesetze, die in Athen schon seit Jahren für
politischen Wirbel sorgen, wie etwa die Abschaffung von Steuerprivilegien
für Landwirte und Inselbewohner, die Umsetzung einer bereits 2010
vereinbarten Rentenreform, die Neugründung des griechischen
Privatisierungsfonds sowie die Liberalisierung des Erdgasmarktes bis 2018.
Offenbar sind noch nicht alle 35 Sofortmaßnahmen unter Dach und Fach –
daher auch der Vorbehalt des griechischen Finanzministers für gewisse
„Einzelheiten“. Besonders umstrittene Sparauflagen sollen vermutlich auf
Oktober verschoben werden.
## Im Eilverfahren ins Parlament
Ministerpräsident Alexis Tsipras will beide Teile dieser
Grundsatzvereinbarung im Eilverfahren und in einem einzelnen Gesetz ins
Parlament einbringen. Geht es nach Tsipras, dann wird der Gesetzentwurf
schon ab Mittwochvormittag in den Fachausschüssen des Parlaments erörtert;
spätestens am Donnerstagabend fände die Abstimmung im Plenum statt.
Falls die Euro-Finanzminister daraufhin grünes Licht geben, könnte noch vor
dem 20. August die erste Kredittranche nach Athen überwiesen werden – so
das Kalkül. Dies wäre auch dringend nötig, da an diesem Tag eine
Rückzahlung Griechenlands in Höhe von 3,2 Milliarden Euro an die
Europäische Zentralbank (EZB) fällig wird.
Ob diese Rechnung für Tsipras aufgeht, bleibt abzuwarten. Zunächst hat der
Premier gegen wachsenden Widerstand in den eigenen Reihen zu kämpfen: Der
inzwischen geschasste Energieminister Panagiotis Lafazanis und weitere
Anführer des mächtigen linken Flügels von Syriza drohen mehr oder weniger
offen mit der Gründung einer neuen Linkspartei und werfen Tsipras vor, sein
Wahlprogramm verraten zu haben.
Auf ihrer Webseite Iskra rufen die Parteilinken zum „Kampf gegen das
Memorandum bis zum Ende“ auf. Alexis Mitropoulos, Syriza-Politiker und
Vizepräsident des griechischen Parlaments, spricht sogar von einem
„Manifest des Thatcherismus“ und der „nationalen Erniedrigung“, das keine
Linksregierung umsetzen werde. Dutzende Syriza-Abgeordnete haben bereits
signalisiert, dass sie gegen das neue Sparprogramm stimmen werden.
Sorgen bereitet Tsipras auch die Haltung der Bundesrepublik Deutschland.
Laut griechischen Medienberichten stößt der Linkspremier mit seinen
Reformideen auf Skepsis in Berlin – was ihm angeblich auch in einem
Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montagabend deutlich
gemacht wurde.
11 Aug 2015
## AUTOREN
DIR Jannis Papadimitriou
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