URI: 
       # taz.de -- Kommentar Amnesty zu Sexarbeit: Verbot schützt Prostituierte nicht
       
       > Es gibt Prostitution, zum Teil auch Zwangsprostitution. Amnesty
       > International erkennt diese Realität an – und handelt human und
       > pragmatisch.
       
   IMG Bild: Ein Sexarbeiterin demonstriert in Honduras für ihre Rechte.
       
       Amnesty International will sich künftig für die Entkriminalisierung der
       Prostitution einsetzen. Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten:
       „Beschmutzt“, und zwar „ernsthaft“, werde der Name von Amnesty, wenn die
       Organisation für die Legalisierung der Prostitution eintrete. So
       kommentierte das Bündnis „Koalition gegen Frauenhandel“ die so
       aufsehenerregende wie epochale Entscheidung. Allein die Wortwahl lässt
       aufhorchen, handelt es sich doch bei Prostituierten um Menschen, die vor
       allem aus einem Grund stigmatisiert und diskriminiert werden: Sie bieten
       sexuelle Handlungen als Dienstleistung an.
       
       Schmutz. Warum ausgerechnet dieses Wort in einem Diskursfeld, das
       üblicherweise semantisch hochvermint ist?
       
       Aber gut: Das feministische Anliegen, Frauen vor sexueller Gewalt und
       Ausbeutung zu schützen, ist mehr als nur berechtigt – und als Hauptargument
       für das Verbot der Prostitution werden in der Regel jene in der Tat
       abscheulichen Fälle von Zwangsprostitution ins Feld geführt. In einer
       besseren Welt, so die Utopie, gäbe es keine Zwangsprostitution. Es gäbe
       zudem, und das ist der Punkt, überhaupt keine Prostitution.
       
       Die derzeitige Welt wird jedoch weitestgehend vom Prinzip Angebot und
       Nachfrage bestimmt. Sex ist in besagter Welt, die sich längst von den
       freiheitlichen Werten der Sexuellen Revolution abgewandt hat, weiterhin ein
       verknapptes Gut. Dementsprechend besteht eine hohe Nachfrage, die ein
       Angebot nach sich zieht. Das bedeutet: Es gibt Prostitution, zum Teil auch
       Zwangsprostitution.
       
       Greift man, so zeigt die Erfahrung etwa in Schweden, mit Verboten in dieses
       System ein, verschiebt sich schlicht der Markt. Er wandert ins Internet, in
       private Wohnungen und dunkle Gebüsche. Kurzum: Mit einem Verbot schafft man
       erst recht jene kriminellen Strukturen, die man gerne verhindern möchte.
       Und kriminalisiert obendrein Menschen, die sich dafür entschieden haben,
       sexuelle Dienstleistungen anzubieten. Aus welchen Gründen auch immer.
       
       Amnesty war so mutig, sich gegen die Ideologie und in den Dienst der
       unzähligen und stigmatisierten Menschen zu stellen, die konkret in der
       Prostitution tätig sind. Aber warum eigentlich mutig? Das ist schließlich
       Aufgabe einer Menschenrechtsorganisation.
       
       12 Aug 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Reichert
       
       ## TAGS
       
   DIR Sexarbeit
   DIR Amnesty International
   DIR Feminismus
   DIR Prostitution
   DIR Sexarbeit
   DIR Gewalt
   DIR Prostitution
   DIR Prostitution
   DIR Prostitution
   DIR Prostitution
   DIR Sexarbeit
   DIR Prostitution
   DIR Prostitution
   DIR Prostitution
   DIR Bordell
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kommentar Schutz von Prostituierten: Entmündigung per Gesetz
       
       Der Bundestag will Prostituierte schützen, indem er sie stärker
       kontrolliert. Doch damit schafft er neue Möglichkeiten zur Erpressung.
       
   DIR Sperrgebiet im Hamburger Bahnhofsviertel: Die „guten“ Freier bleiben weg
       
       Seit 2012 kostet es in St. Georg ein Bußgeld, Prostituierte anzusprechen.
       Heute ist die Kritik groß: Huren verarmen, die Gewalt nimmt zu.
       
   DIR LGBT in Honduras: „Bleiben ist keine Option“
       
       César Lainez setzt sich für die Rechte Homosexueller ein. Doch vor der
       Gewalt gegen Homosexuelle will er mit seinem Freund fliehen.
       
   DIR Lobbyarbeit für und gegen Prostitution: Das Bordell Europas
       
       Das geplante Prostituiertenschutzgesetz ist umkämpft. BefürworterInnen der
       Sexarbeit ist es zu streng, GegnerInnen zu lasch.
       
   DIR Amnesty International über Prostitution: „Kriminalisierung ist keine Lösung“
       
       Die Legalisierung sei nicht ideal, sagt Catherine Murphy. Um
       Sexarbeiterinnen besser zu schützen, müssten die Regierungen mit ihnen
       zusammenarbeiten.
       
   DIR Schwedens Prostitutionsbeauftragter: „Es gibt keine gute Prostitution“
       
       Gehört Sexarbeit „entkriminalisiert“, wie Amnesty International fordert?
       Oder sollte sie nach Schwedens Modell verboten werden? Das fordert Patrik
       Cederlöf.
       
   DIR Reaktionen auf Amnesty-Beschluss: „Ich bin schockiert“
       
       Alice Schwarzer ist empört über den Beschluss von Amnesty International.
       Der Deutsche Frauenrat gibt den Menschenrechtlern recht.
       
   DIR Beschluss von Amnesty International: Für Entkriminalisierung von Sexarbeit
       
       Amnesty International hat sich gegen die Bestrafung von Prostitution
       ausgesprochen. Schon der Entwurf hatte heftige Kritik geerntet.
       
   DIR Verschärfung des Prostitutionsgesetzes: Nur mit Schein auf den Strich
       
       Schwesig ändert den Entwurf fürs Prostitutionsgesetz im Sinne der Union.
       Wer keine Anmeldebestätigung vorweisen kann, muss zahlen.
       
   DIR Zoff um Prostitutionsgesetz: Mindestalter für Puffmutter?
       
       Die Koalition streitet über das Gesetz fürs Rotlichtmilieu. Einen
       Idiotentest für Prostituierte soll es nicht geben, versichert das
       Familienministerium.
       
   DIR Kommentar Zwangstest für Prostituierte: Sex, Lügen und Idiotentests
       
       Die Regierung möchte Idiotentests für Prostituierte einführen. Die Debatte
       darüber zeigt, dass Sexarbeit eben doch kein normaler Job ist.
       
   DIR Kommentar Prostitutionsgesetz: Sexarbeit unter Kontrolle
       
       Bezahlter Sex soll reguliert werden. Doch die neuen Regeln setzen auf
       Zwang, statt auf Eigenverantwortung. Andere Lösungen wären denkbar gewesen.