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       # taz.de -- Unterkünfte für Flüchtlinge: Leerstand zu Wohnraum
       
       > Salzgitters Oberbürgermeister will Flüchtlinge in leer stehenden
       > Wohnungen unterbringen – auch gegen den Willen der Eigentümer.
       
   IMG Bild: Leerstehende Wohnungen sollten für Flüchtlinge genutzt werden, fordert Salzgitters Bürgermeister
       
       HAMBURG taz | Wieso nicht Flüchtlinge in leer stehenden Wohnungen von
       Immobilienspekulanten unterbringen? Mit diesem Vorschlag hat Salzgitters
       Oberbürgermeister Frank Klingebiel für Aufsehen gesorgt. Nach Ansicht des
       CDU-Politikers sollten Flüchtlinge notfalls auch gegen den Willen der
       Eigentümer einziehen.
       
       In einem NDR-Interview forderte er den Bundestag und die Landesparlamente
       auf, den Kommunen mehr Spielraum im Umgang mit der Unterbringung und
       Betreuung von Flüchtlingen zu verschaffen.
       
       Salzgitter hat nach Angaben Klingebiels einen Wohnungsleerstand von 8,6
       Prozent. „In dem Fall, in dem große Investorengruppen Wohnungen seit fünf
       Jahren leer stehen lassen, muss es möglich sein, diese Wohnungen in
       Anspruch zu nehmen“, sagte Klingebiel in dem Interview. Dazu müssten die
       gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden.
       
       Klingebiel, der auch Vizepräsident des niedersächsischen Städtetages ist,
       wehrte sich gegen den Vorwurf der Enteignung, den er sich damit
       eingehandelt hatte und der eine scharfe Reaktion des niedersächsischen
       AfD-Vorsitzenden Armin Paul Hampel nach sich zog: Es fehle nur noch „eine
       Ad-hoc-Aktion des Bundesverkehrsministers, ungenutzte Fahrzeuge zu
       beschlagnahmen und für den Flüchtlingstransport von Sizilien nach
       Deutschland zu nutzen“.
       
       Nach Klingebiels Vorstellungen sollten die Wohnungen gegen eine
       Kostenerstattung vorübergehend in Anspruch genommen werden. Es gehe dabei
       auch nicht um die Wohnung „des kleinen Mannes“, versicherte er.
       
       Wie wie leer stehender Wohnraum von einer Kommune zwangsweise unter die
       Leute gebracht werden kann, zeigt das Hamburgische Wohnraumschutzgesetz von
       1982. Es verbietet die Zweckentfremdung von Wohnraum. Darunter fällt auch
       „das Leerstehenlassen von Wohnraum über einen Zeitraum von länger als vier
       Monaten“.
       
       Vermieter müssen in Hamburg also auch den Leerstand anzeigen. Der Senat
       kann dann eine Belegung der Wohnung anordnen. Kommt ein Vermieter dem nicht
       nach, kann er mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro belegt werden. Das
       Grundrecht, das der Senat mit seinem Gesetz ausdrücklich einschränkt, ist
       dabei nicht das Recht auf Eigentum, sondern das Recht auf Unverletzlichkeit
       der Wohnung.
       
       Trotz des Gesetzes und der Wohnungsknappheit in Hamburg liste die Website
       leerstandsmelder.de Hunderte angeblich leer stehender Wohnungen auf.
       Angesichts des Andrangs in den Erstaufnahmeeinrichtungen forderte der
       Flüchtlingsrat den rot-grünen Senat schon im vergangenen Herbst auf, den
       Leerstand durch das Wohnraumschutzgesetz „konsequent zu bekämpfen, damit
       Flüchtlinge nicht in Zelten schlafen müssen“. Zugleich müsse der Senat den
       enormen Leerstand von Büroräumen beenden.
       
       Salzgitters Oberbürgermeister, der sich kein Gesetz basteln kann, hofft,
       dass der Bund und die Länder das übernehmen. Schließlich sei die Aufnahme
       von Flüchtlingen eine nationale Aufgabe. Es gelte, die Rahmenbedingungen so
       zu schaffen, „dass die Kommunen in der Lage sind, so schnell wie möglich zu
       reagieren“, wenn sie Flüchtlinge zugewiesen bekämen.
       
       In Salzgitter gibt es einen größeren Bestand an Wohnungen, „die lange
       Hedgefonds gehört haben, die lange keine Investitionen getätigt haben“,
       sagte Klingebiel. Viele dieser Wohnungen seien in so schlechtem Zustand,
       dass sie erst wieder bewohnbar gemacht werden müssten. Ein erster Versuch
       der Stadt, die Wohnungen für Studentinnen und Studenten herrichten zu
       lassen sei gescheitert, weil die Eigentümer ständig wechselten.
       
       13 Aug 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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