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       # taz.de -- Freifunk-Wlan für Asylbewerber: Abgeschnitten vom Zuhause
       
       > Flüchtlinge könnten in Schleswig-Holsteins Erstaufnahme kostenlos ins
       > Netz – eigentlich. Denn Ministerium und Ausländeramt trödeln.
       
   IMG Bild: Können noch nicht kostenlos ins Internet: Flüchtlinge in der Erstaufnahmeeinrichtung in Boostedt.
       
       Boostedt taz | Die Frau mit dem schwarzen Kopftuch steht neben
       Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig. Der besucht im Rahmen
       seiner Sommerreise die Erstaufnahme-Einrichtung für Flüchtlinge in Boostedt
       und stellt sich mit Beschäftigten und BewohnerInnen zum Gruppenfoto auf.
       Aber bevor die Presse-FotografInnen abdrücken, macht rasch erst die Frau
       ein Selfie von sich und dem SPD-Politiker.
       
       Smartphones gehören oft zu den wenigen Dingen, die Menschen auf eine Flucht
       mitnehmen. Doch um sie in Deutschland nutzen zu können, braucht es
       Verträge, für die den Flüchtlingen das Geld fehlt. Eine Alternative wäre
       das „Freifunk“-Modell für kostenloses WLAN. Freiwillige stehen bereit, um
       rund um die Erstaufnahmen solche Netze aufzubauen – aber es fehlt die
       Zustimmung des Landes.
       
       „Es gab Kontakte zu den Freifunkern, die angeboten haben, die
       Erstaufnahmeeinrichtungen zu versorgen“, bestätigt Susanne Berndt,
       Sprecherin des Landesamtes für Ausländerangelegenheiten in Neumünster. Das
       Amt ist gemeinsam mit dem Innenministerium zuständig für das Verfahren,
       beide „arbeiten zurzeit an technischen Lösungen“, so Berndt weiter: „Das
       geht allerdings nicht kurzfristig.“
       
       Ginge schon, meint Sven Stückelschreiber. Der ehemalige Landesvorsitzende
       und heutigen Kommunalpolitiker der Piraten engagiert sich für
       Freifunk-Angebote in Schleswig-Holstein. Ihm zufolge würden einige
       Freiwillige aus der Nachbarschaft ausreichen, die jeweils einen Teil ihrer
       Netzkapazitäten abgeben. Damit könnten kleinere Erstaufnahmen wie Boostedt
       oder Seeth mit je rund 600 Personen komplett versorgt werden. Für größere
       Einheiten wie die ehemalige Kaserne in Neumünster mit jetzt über 1.000
       Menschen wären eigene Geräte „nice to have“, so Stückelschreiber: „Sie
       könnte das Land mit geringen Kosten aufstellen. Aber ich habe den Eindruck,
       dass das Thema in der Priorität der Behörden nicht sehr weit oben steht –
       schade.“
       
       ## Technische und juristische Probleme
       
       Zugang zum Internet wäre für die Flüchtlinge wichtig, angefangen von
       Kontakten zu ihren Familien über Informationen zum Gang ihres
       Asylverfahrens bis hin zu Online-Deutschkursen. „Zugegeben, medizinische
       Versorgung oder Wohnraum mögen wichtiger sein als Internet – aber WLAN wäre
       für viele eine Erleichterung im Alltag und einfach zu lösen“, so
       Stückelschreiber. Davon ist auch das Ausländer-Amt überzeugt:
       „Grundsätzlich soll WLAN in allen Erstaufnahmeeinrichtungen bereitgestellt
       werden, damit Flüchtlinge Kontakt zu ihren Angehörigen und Freunden halten
       können.“
       
       Aber neben finanziellen und technischen Problemen bleibt auch das
       juristische: Nach deutschem Recht haftet jeder für die Inhalte, die über
       sein Netz weitergeleitet werden, auch wenn Unbekannte die Leitung
       mitnutzen. Freifunk umgeht die sogenannte Störerhaftung, indem Daten über
       eine verschlüsselte Leitung nach Schweden geschickt werden, wo andere
       Gesetze gelten. Einfach und ganz legal, meint Stückelschreiber. Alternativ
       stehe ein Freifunk-Provider in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung. Dennoch:
       Der Peinlich-Faktor wäre groß, wenn über ein vom Land getragenes Netz für
       illegale Aktivitäten genutzt würde.
       
       Um solche Themen zu besprechen, schlägt Stückelschreiber eine
       Zusammenarbeit zwischen den lokalen Freifunk-Initiativen und den Behörden
       vor: „Wir wollen gar nicht viel vom Land, es soll uns einfach mal machen
       lassen.“
       
       10 Aug 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Esther Geißlinger
       
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