# taz.de -- Kommentar Kosten durch Flüchtlinge: Der Kapitalismus ist keine Torte
> Ja, Deutschland kann sich die Flüchtlinge leisten. Denn es führt in die
> Irre, immer nur auf die Ausgaben zu starren – sie sind auch Einnahmen.
IMG Bild: Der moderne Kapitalismus funktioniert eher wie ein Magen. Er dehnt sich einfach, wenn mehr hineingestopft wird.
Kann sich Deutschland die vielen Flüchtlinge leisten? Diese beliebte Sorge
erhält jetzt neue Nahrung: Etwa zehn Milliarden Euro wird Deutschland in
diesem Jahr für Asylbewerber aufbringen müssen.
Doch so eigenartig es klingen mag: Eigentlich wäre es kein Problem, diese
Milliarden zu mobilisieren. Das zeigt die deutsche Wiedervereinigung, die
unendlich viel teurer war. Seit 1990 wurden rund zwei Billionen Euro in den
deutschen Osten gepumpt. Pleite ist Deutschland trotzdem nicht. Stattdessen
liegt die Staatsverschuldung hierzulande sogar niedriger als in Frankreich
oder Großbritannien, die keine Wiedervereinigung zu stemmen hatten.
Es führt in die Irre, immer nur auf die Ausgaben zu starren — denn sie sind
auch Einnahmen. Bauunternehmer verdienen, weil sie Flüchtlingsheime
errichten. Caterer machen gute Geschäfte, wenn sie Asylantenunterkünfte
beliefern. Für die Flüchtlinge gilt, was auch bei der Wiedervereinigung zu
beobachten war: Die staatlichen Kosten wirken wie ein Konjunkturprogramm.
Viele Menschen stellen sich die Wirtschaft wie eine Torte vor. Nach dem
Motto: Es kann nur verteilt werden, was vorhanden ist. Doch der moderne
Kapitalismus funktioniert eher wie ein menschlicher Magen. Er dehnt sich
einfach, wenn mehr hineingestopft wird. Mit der Zahl der Konsumenten und
Arbeitnehmer steigt auch der Umfang der produzierten Güter. Fertig ist das
Wachstum.
In Deutschland haben 16 Millionen Bürger einen „Migrationshintergrund“.
Kosten sind nicht entstanden, im Gegenteil. Die Bertelsmann-Stiftung hat
eine Studie veröffentlicht, die sich nur mit den Einwohnern mit
Ausländerstatus befasste: Pro Kopf und Jahr zahlen sie 3.300 Euro mehr an
Steuern und Sozialbeiträgen, als sie selbst vom Staat erhalten.
Für Panik gibt es also keinen Grund. Stattdessen sollten die Flüchtlinge so
schnell wie möglich integriert werden. Das lohnt sich. Für alle.
20 Aug 2015
## AUTOREN
DIR Ulrike Herrmann
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