URI: 
       # taz.de -- Kommentar Flüchtlingspolitik: Im Strudel der Überforderung
       
       > Es wird viel getan für Flüchtlinge, auf allen Ebenen. Was fehlt, ist eine
       > Kanzlerin, die zu Willkommenskultur und Menschlichkeit steht.
       
   IMG Bild: Angela Merkel könnte sich langsam mal in die Debatte einschalten.
       
       Es ist nicht alles schlecht. Lokale Initiativen stellen Erstaunliches auf
       die Beine. Für Flüchtlinge. Mit Flüchtlingen. Dennoch reicht es hinten und
       vorne nicht. Die Behörden kommen nicht einmal mit der Registrierung der
       Neuankömmlinge hinterher. Flüchtlinge schlafen in Parks, warten auf Essen,
       eine Dusche, frische Klamotten. Eine humanitäre Katastrophe in einem der
       reichsten Länder der Welt.
       
       Sind die Behörden unfähig? Zu doof? Zu faul? Im Gegenteil, man darf davon
       ausgehen, dass die meisten Mitarbeiter über die Grenzen des Üblichen hinaus
       ackern. Die aber sind eng gesetzt.
       
       Steckt dahinter also Kalkül? Setzen die politisch Verantwortlichen auf eine
       Eskalation, die es ihnen erleichtert, die Migrationsgesetze zu verschärfen
       und die Grenzen dichtzumachen? Es mag sein, dass selbst im Bundestag einige
       politische Wirrköpfe solche Gedanken hegen. Entscheidend aber sind sie
       nicht. Noch nicht. Zum Glück.
       
       Das Problem liegt woanders. Jede Einzelne, die sich derzeit hervorwagt und
       mehr tut als vorgeschrieben, sei es als Ehrenamtliche, als Landrätin in
       einer Kommune oder als Leiterin einer Notunterkunft, merkt schnell, dass
       man im Strudel der Überforderung unterzugehen droht. Deshalb fangen viele
       gar nicht erst an. Bewegen sich kein Stück, hoffen, dass sich irgendwer
       anderes des Problems annimmt. Weil ihnen der Rückhalt fehlt.
       
       Der aber kann nur, der muss von ganz oben kommen. Es reicht nicht, wenn
       Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel ein paar warme Worte von sich gibt. Hier
       ist Führungskraft gefragt. Die BürgermeisterInnen der Städte, die
       MinisterpräsidentInnen der Länder und allen voran die Kanzlerin müssen ihre
       uneingeschränkte Solidarität mit allen Engagierten auf allen Ebenen
       erklären. Ohne jeden Zweifel. Ohne jedes „ja, aber“. Müssen betonen, dass
       es nicht darum geht, ob die Flüchtlinge zu uns passen oder uns nützen.
       Sondern dass es unsere Pflicht ist, den Menschen zu helfen. Aus humanitären
       Gründen. Denn wir können das.
       
       Ja, so eine Ruck-Rede wäre erst mal nichts als Symbolpolitik. Aber sie
       würde allen den Rücken stärken, die Flüchtlinge mit Suppe versorgen, sich
       Nazis wie in Heidenau in den Weg stellen, eine Gulaschkanone aus dem
       Kommunalhaushalt finanzieren oder am Kabinettstisch das nötige
       Hilfsprogramm durchsetzen wollen. Weil sie sich bei allem Widerstand darauf
       berufen, dass ihr Handeln dringend erwünscht ist.
       
       Es ist Montag, der 24. August 2015. Frau Merkel, fangen Sie an!
       
       24 Aug 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gereon Asmuth
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Schwerpunkt Angela Merkel
   DIR Zivilgesellschaft
   DIR Heidenau
   DIR SPD
   DIR Flüchtlinge
   DIR Schwerpunkt Rassismus
   DIR Asyl
   DIR Asyl
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Asylrecht
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Flüchtlinge
   DIR sichere Herkunftsländer
   DIR Schwerpunkt Flucht
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Bombendrohung gegen SPD-Zentrale: Polizei gibt Entwarnung
       
       Die Polizei hatte die SPD-Zentrale in Berlin nach einer Anschlagsdrohung
       evakuiert. Bei einer Hausdurchsuchung fand sie jedoch nichts Verdächtiges.
       
   DIR Flüchtlinge in Urlaubsorten der Türkei: Die heimliche Durchreise
       
       Es fing mit ein paar Haufen Müll an. Dann wurde unserem Autor klar: Die
       Nachrichten über Flüchtlinge haben direkt etwas mit ihm zu tun.
       
   DIR Reaktionen auf Ausschreitungen: In Heidenau versagt das Bürgertum
       
       Seit Tagen müssen sich die Flüchtlinge in der sächsischen Stadt vor
       Angriffen fürchten. „Was haben die gegen mich?“, fragt einer.
       
   DIR Merkel über rechte Gewalt in Heidenau: „In keiner Weise akzeptabel“
       
       Erst nach einem Medien-Shitstorm wendet sich die Kanzlerin deutlich gegen
       Naziübergriffe. Zur Flüchtlingspolitik äußert sie sich nur vage.
       
   DIR Nach den Ausschreitungen in Heidenau: Gabriel will rechtes „Pack“ bestrafen
       
       Deutschland dürfe den Rechten keinen Millimeter Raum geben, sagt Sigmar
       Gabriel. Auch die Kanzlerin lässt ausrichten, die Vorkommnisse seien
       „beschämend“.
       
   DIR Einstufung als „sichere Herkunftsstaaten“: Politisch motivierte Zahlenspiele
       
       Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge behauptet, eine Einstufung als
       „sicher“ senke Asylbewerberzahlen. Das stimmt so aber nicht.
       
   DIR Debatte Flüchtlingshilfe: Deutschland liegt nicht in Afrika
       
       800.000 Flüchtlinge in Deutschland? Da lohnt sich ein Blick auf das Zaire
       von 1994. Und auf Afrikas vorbildliche Flüchtlingspolitik.
       
   DIR Neonazi-Mob in Heidenau: Mit Knüppeln gegen Antifaschisten
       
       In Heidenau hat die Polizei mit einem Großaufgebot rechte Randalierer in
       Schach gehalten. Gleichzeitig attackierte sie linke Demonstranten.
       
   DIR Defizite in Unterkünften: Kein Geld, kaum Essen
       
       Die Flüchtlingsinitiative und der Flüchtlingsrat beklagen Unterversorgung
       und „Mangelstrukturen“ in den Erstaufnahmestellen und Notunterkünften.
       
   DIR Diskussion um „sichere Herkunftsstaaten“: Zehn Minuten schneller
       
       Die Debatte über „sichere Herkunftsstaaten“ ist eine große Inszenierung.
       Die Einstufung hat in der Praxis fast keine Bedeutung.
       
   DIR Flüchtlingspolitik auf Malta: Europas Zukunft
       
       Das European Asylum Support Office ist eine Behörde auf Malta. Hier könnte
       der Schlüssel zur Lösung der Flüchtlingskrise liegen.