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       # taz.de -- Kolumne Der Rote Faden: Kein Rassist, aber ...
       
       > Donald Trump begeistert Neonazis und bedient den Kampf Gut gegen Böse.
       > Und überhaupt wird der weiße Mann von allen Seiten bedroht.
       
   IMG Bild: Trump spielt mit der Angst derer, die seit Jahren das Gefühl haben, im gelobten Land irgendwie zu kurz zu kommen. Und sie hören ihm zu
       
       Es ist nicht mehr amüsant. Wer dachte, Donald Trump würde mit seiner
       Erklärung, US-Präsidentschaftskandidat der Republikaner werden zu wollen,
       einfach ein bisschen Unterhaltung und Größenwahn in den Vorwahlkampf
       bringen, muss einsehen, dass es so einfach nicht ist. Auch der europäische
       Reflex: „Die spinnen halt, die Amerikaner, und dieser Clown ist der größte
       Spinner“, wischt das Phänomen „The Donald“ nicht weg.
       
       Dabei sind es nicht seine regelmäßigen Ausraster, die ihn gefährlich
       machen. Wenn er den mexikanischstämmigen Fernsehmoderator Jorge Ramos aus
       einer Pressekonferenz schmeißt oder die – verrückt! – konservative
       Fox-News-Moderatorin Megy Kelly beleidigt, wird das berichtet, geteilt,
       getwittert, kommentiert. Dass Trump ein arroganter, sexistischer Egoman ist
       – geschenkt. Bedenklicher ist, wen Trump mit seiner billigen, aber
       wirkungsvollen Rhetorik anspricht.
       
       Umfragen zeigen, dass sich zwei Gruppen als Trump-Fans
       herauskristallisieren: Wähler ohne Universitätsabschluss und Menschen, die
       Einwanderung als Schwächung Amerikas begreifen. Trumps Antwort: „Make
       America Great Again“, er will Amerika wieder groß machen. Den
       Wahlkampfspruch hat er sich von Ronald Reagan geklaut. Der versprach den
       Amerikanern 1980 den wirtschaftlichen Aufschwung.
       
       Das ist auch Trumps großes Ding, aber noch ein bisschen größer ist das
       Thema Einwanderung. Natürlich sind diese beiden Felder eng miteinander
       verwoben: Der Grenzzaun zu Mexiko, den Trump allen Einwanderungsängstlichen
       verspricht, hält nicht nur die ganzen Kriminellen fern, er sorgt
       gleichzeitig dafür, dass die Jobs bei denen bleiben, die sie verdienen:
       weißen Amerikanern. Nein, er sei kein Rassist, versichert Trump. Das „…
       aber“ schwingt mit.
       
       ## Im gelobten Land irgendwie zu kurz gekommen
       
       Mit seinen Parolen macht Trump, egal ob er ein kurzzeitiges Phänomen
       bleiben sollte oder nicht, Menschen wie Hunter Wallace stark. Der heißt
       eigentlich Brad Griffin und ist einer der bekannteren Blogger am äußersten
       rechten Rand. „White Nationalists“ nennen sich die Neonazis, auf Hunters
       Blog heißt es „Pro Weiß, Pro Südstaaten, Pro Unabhängigkeit“. Er nennt die
       etablierten Republikaner lieber cuckservatives (cuckold ist Englisch für
       „Hahnrei“) als conservatives und jubelt über Trumps Triumph. Seit der
       Diskussion über die Südstaatenflagge und andere rassistische Symbole führen
       die Rechten den einzigen Kampf, den sie kennen: Gut gegen Böse.
       
       Die Rollenverteilung ist klar. Trump bedient diesen Kampf mit einer
       einfachen, klaren Sprache. Er sucht die Nähe der Nazis nicht, aber er zieht
       sie an. Nun bilden Wallace und die anderen eine Randgruppe, aber ihr
       Weltbild spiegelt sich in jener weißen Mittelschicht, die man vor den
       Trump-Veranstaltungen im ganzen Land in langen Schlangen anstehen sieht –
       und sie entscheidet im Zweiparteiensystem der USA noch über Wahlen. Trump
       spielt mit der Angst derer, die seit Jahren das Gefühl haben, im gelobten
       Land irgendwie zu kurz zu kommen. Es ist das Pegida-Phänomen: Nein, wir
       sind nicht fremdenfeindlich, aber bitte keine Mexikaner mehr ins Land, und
       für Gleichberechtigung von Afroamerikanern ist man natürlich schon, so
       irgendwie, aber das sind doch oft auch böse Jungs.
       
       Eine neue Analyse der University of Pennsylvania belegt im Kleinen, welche
       Farce die Gleichberechtigung tatsächlich ist. In Hunderten Schulbezirken in
       den Südstaaten werden überproportional oft schwarze Schüler der Schule
       verwiesen. Auch wo viel mehr weiße als schwarze Kinder die Schule besuchen.
       So viel Aufmerksamkeit wie Trumps Auftritte bekommen diese Zahlen nicht.
       Fakten sind langweiliger als die kreativen Weltbilder der Konservativen.
       
       ## Die feministische Seite von Fox News
       
       Andrea Tantaros zum Beispiel arbeitet für Fox News und sitzt dort unter
       anderem in der Talkshow „Outnumbered“. In dieser Sendung diskutieren
       jeweils vier Frauen mit einem Mann. Es ist quasi die feministische Seite
       von Fox News.
       
       In einer Ausgabe wurde darüber diskutiert, dass erstmals zwei Frauen die
       „Ranger School“ der US-Armee, bisher eine Männerdomäne, erfolgreich
       absolviert haben, Für Tantaros kein Gleichstellungs- sondern ein „Ja, aber
       …“-Moment. Sie sei „für Gleichberechtigung und all diese Dinge“, habe aber
       doch das Gefühl, dass Männer nichts mehr für sich allein haben könnten.
       Frauen würden überall Türen eintreten, erst in den Golfklubs und jetzt auch
       noch in der Armee.
       
       Der arme weiße Mann, diesseits und jenseits des Atlantiks wird er von allen
       Seiten bedroht: von Frauen, von Afroamerikanern, von Flüchtlingen. Und
       Donald Trump schreitet fahrlässig lässig voran. Ohne Aber.
       
       28 Aug 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rieke Havertz
       
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