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       # taz.de -- Streit um Demo-Verbot in Heidenau: Ein Student rettet ein Grundrecht
       
       > Er zog bis zum Verfassungsgericht: Michael Fengler hat das
       > Versammlungsverbot in Heidenau gekippt. Zur Demo schaffte er es dann aber
       > doch nicht.
       
   IMG Bild: Nix da Demo-Verbot: Am Samstag brachten Unterstützer vor der Flüchtlingsunterkunft in Heidenau ihre Solidarität zum Ausdruck.
       
       Ein Bonner Jurastudent hat sich um die Grundrechte verdient gemacht.
       Michael Fengler hat das allgemeine Demonstrationsverbot für Heidenau
       gekippt. Er ging dafür bis zum Bundesverfassungsgericht.
       
       Am Donnerstag hatte das Landratsamt Pirna für die Stadt Heidenau per
       Allgemeinverfügung ein umfassendes Versammlungsverbot verhängt. Es sollte
       bis Montagmorgen 6 Uhr dauern. Begründung: man habe nicht genug Polizei zur
       Verfügung, um die zu erwartenden Auseinandersetzungen um das
       Flüchtlingsheim zu verhindern. Vom Verbot miterfasst war ein
       Willkommensfest für die Flüchtlinge.
       
       Rund 600 Kilometer vom sächsischen Heidenau entfernt reagierte Michael
       Fengler, ein 25-jähriger Jungsozialist. Er arbeitete die Nacht durch und
       schickte am Freitagmorgen um halb sechs ein Fax an das Verwaltungsgericht
       (VG) Dresden. Darin widersprach er dem allgemeinen Demonstrationsverbot,
       stellte einen Eilantrag und versicherte eidesstattlich, dass er am
       Willkommensfest teilnehmen wolle.
       
       Zunächst hatte Fengler Erfolg. Mittags erklärte das VG Dresden, dass die
       Allgemeinverfügung „offensichtlich rechtswidrig“ sei. Ein polizeilicher
       Notstand sei nicht ausreichend begründet worden, das vollständige Verbot
       sei „unverhältnismäßig“.
       
       Doch das Landratsamt legte Beschwerde ein. Und am Freitagabend entschied
       das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bautzen, dass das Verbot nur für das
       Willkommensfest ausgesetzt werde, denn nur daran habe Fengler auch
       persönlich teilnehmen wollen. Fengler müsse deshalb 90 Prozent der
       Gerichtskosten tragen, rund 1.000 Euro. Am nächsten Morgen rief ihn
       allerdings SPD-Chef Sigmar Gabriel an, der erklärte, er werde die Kosten
       übernehmen.
       
       Fengler aber gab nicht auf. In der Nacht auf Samstag wandte er sich mit
       einem Eilantrag ans Bundesverfassungsgericht. Am Samstagvormittag hob
       dieses Gericht den Bautzener Beschluss auf. Im Rahmen der „Folgenabwägung“
       spielte eine Rolle, dass für viele Bürger das Wochenende „die einzige
       Möglichkeit“ sei, sich zu versammeln und so an der Meinungsbildung
       mitzuwirken.
       
       Fengler konnte am Ende allerdings doch nicht am Heidenauer Willkommensfest
       teilnehmen. Denn als das VG Dresden die Verbotsverfügung aufhob, war es
       schon zu spät, um noch nach Sachsen zu fahren. Bonn ist eben doch 600
       Kilometer von Heidenau entfernt.
       
       30 Aug 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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