# taz.de -- Kommentar Gewalt in der Ukraine: Zweite Front in Kiew
> Mit der jüngsten Gewalt hat der Konflikt in der Ukraine eine neue
> Qualität erreicht. Dem Minsker Abkommen droht die Bedeutungslosigkeit.
IMG Bild: Mit den gewalttätigen Protesten von Ultranationalisten am Montag vor dem Parlament in Kiew hat der Konflikt eine neue Qualität erreicht
Als ob der ukrainische Präsident Petro Poroschenko nicht schon genug
Probleme hätte! Im Donbass wird – dem Minsker Abkommen vom Februar zum
Trotz – weiter gekämpft, und fast täglich sind neue Opfer zu vermelden.
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich die ukrainische Armee und
die prorussischen Kämpfer jetzt gnädigerweise auf eine Waffenruhe
verständigt haben, um den Kindern ihren Schulanfang am 1. September nicht
zu „verderben“.
Doch mit den gewalttätigen Protesten von Ultranationalisten am Montag vor
dem Parlament in Kiew, bei denen zwei Menschen getötet und über 100
verletzt wurden, hat der Konflikt um die Regionen Donezk und Lugansk eine
neue Qualität erreicht.
Denn mit ihnen könnte eine zweite Front eröffnet worden sein, die mitten
durch die ukrainische Hauptstadt verläuft. Es ist schon bemerkenswert, wenn
Regierungschef Arseni Jazenjuk in einer ersten Reaktion auf die
Ausschreitungen zu Protokoll gibt, dass die Demonstranten „schlimmer“ seien
als die „von Russland unterstützten Kämpfer“ in der Ostukraine. Er hätte
schon vorher wissen können, dass radikale Nationalisten wie Oleg Ljaschko
nicht kleinlich sind, wenn es darum geht, ihre politischen Ziele
durchzusetzen.
Für sie ist jeder Versuch, mittels einer Änderung der Verfassung eine
Dezentralisierung des Landes herbeizuführen, die nolens volens auch den
Status quo in den umkämpften Gebieten festschreibt, nichts anderes als
Verrat. Dass jedoch auch einige von Poroschenkos sogenannten
proeuropäischen Koalitionspartnern das so zu sehen scheinen, sollte nicht
nur dem Präsidenten zu denken geben.
Um die Verfassungsreform zu verabschieden, braucht es bei der nächsten
Abstimmung eine Zweidrittelmehrheit. Im Moment deutet alles darauf hin,
dass dieses Quorum nicht zustande kommt. Und was dann? Dann wäre das
Minsker Abkommen endgültig tot.
1 Sep 2015
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DIR Barbara Oertel
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