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       # taz.de -- Geflüchtete in Großbritannien: Angst vor dem Tunnel unterm Kanal
       
       > Das Vereinigte Königreich ist beliebt bei Flüchtlingen, schon wegen der
       > Sprache. Umgekehrt sieht es allerdings anders aus.
       
   IMG Bild: Flüchtling am Zaun auf der französischen Seite des Kanaltunnels.
       
       Dublin taz | Erst waren es fremdartige Spinnen, die in Großbritannien Alarm
       auslösten, als sie durch den Kanaltunnel kurz nach dessen Fertigstellung
       kamen. Man befürchtete negative Folgen für die britische Fauna. Die Spinnen
       sind längst vergessen. Nun machen Flüchtlinge vielen Engländern Angst.
       Premierminister David Cameron bezeichnete die Migranten als
       „Menschenschwärme“.
       
       Seine Regierung lehnt eine Quotenregelung ab. Das würde nur noch mehr
       Menschen ermutigen, sich auf den Weg zur Insel zu machen, heißt es. Deshalb
       will Großbritannien bei keinem verbindlichen System der Umsiedlung
       mitmachen. Im Gegenteil: Man setzt auf Abschreckung, indem die Leistungen
       für Asylbewerber gekürzt und die Aufnahmebedingungen verschärft werden.
       Nach der Sommerpause soll ein neues Einwanderungsgesetz verabschiedet
       werden. Vermutlich wird das automatische Recht auf Unterstützung
       abgeschafft.
       
       Warum riskieren Flüchtlinge ihr Leben, um in ein Land zu gelangen, wo sie
       nicht willkommen sind? Zum einen ist die Arbeitslosigkeit mit 5,4 Prozent
       deutlich niedriger als in Südeuropa. Zum anderen werden mehr Asylanträge
       als in anderen Ländern bewilligt, nämlich 41 Prozent – wenn es die Menschen
       überhaupt ins Land schaffen. Am wichtigsten ist aber die Sprache: Die
       Mehrheit der Flüchtlinge spricht englisch. Die meisten kommen aus Eritrea,
       Pakistan, Syrien und dem Iran sowie aus Albanien, dem Sudan, Sri Lanka und
       Afghanistan.
       
       Sie dürfen nicht arbeiten, bekommen aber Wohnraum gestellt. Die Gegend
       dürfen sie sich freilich nicht aussuchen. Meistens werden sie in
       Sozialbauwohnungen untergebracht, in die kein Brite ziehen will. Sie
       erhalten 5,28 Pfund am Tag – ohne Erhöhung seit 2011.
       
       2014 erhielten 31.265 Menschen Asyl in Großbritannien. Auf 10.000 Einwohner
       kommen also gerade mal 4,9 Flüchtlinge. Im ersten Vierteljahr 2015 kamen
       7.335 hinzu. Das sind vier Prozent aller Asylanträge, die in der EU
       gestellt wurden. Nach einem Quotensystem müsste Großbritannien eigentlich
       78.251 Menschen aufnehmen.
       
       Cameron sitzt die reaktionäre United Kingdom Independence Party (Ukip) im
       Nacken und der rechte Flügel seiner eigenen Partei. Teile der Medien
       schüren das Misstrauen gegenüber Migranten. Die Sunday Times hatte bereits
       1882 gewarnt, dass nach dem Bau eines Kanaltunnels „Nihilisten und
       Internationalisten“ ins Land einfallen würden. Vielen Politikern wäre es
       inzwischen am liebsten, wenn der Tunnel zugemauert würde.
       
       20 Aug 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
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