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       # taz.de -- Bürgerkrieg in Syrien: Neuer Anlauf für Verhandlungen
       
       > UN-Vermittler Staffan de Mistura setzt auf einen dezentralen Prozess.
       > Zuvor gab es Gespräche mit fast allen Konfliktparteien.
       
   IMG Bild: Nach einem Fassbombenangriff auf Duma bei Damaskus
       
       Genf taz | Im Syrienkonflikt sind seit 2012 mit dem früheren
       UNO-Generalsekretär Kofi Annan und dem algerischen Exaussenminister Lakdar
       Brahimi bereits zwei der erfahrensten UNO-Vermittler mit ihren
       Friedensbemühungen gescheitert. Jetzt hat der seit Juli 2014 amtierende
       dritte Vermittler, der schwedisch-italienische Diplomat Staffan de Mistura,
       seinen Plan für eine politische Lösung des Konflikts vorgelegt.
       
       Spätestens Mitte Oktober soll ein neuer Verhandlungsprozess beginnen, für
       den de Mistura seit seinem Amtsantritt in zahlreichen Gesprächen mit fast
       allen Konfliktbeteiligten wesentliche Voraussetzungen geschaffen hat. De
       Misturas Plan sieht zunächst Verhandlungen, einen Waffenstillstand und die
       Bildung einer Übergangsregierung vor. Am Ende sollten die Syrer in freien
       Wahlen unter UN-Aufsicht einen Präsidenten und ein Parlament wählen.
       
       Der Vermittler schlägt vor, dass die Regierung von Präsident Baschar
       al-Assad und die Opposition einen gemeinsamen Militärrat bilden, der den
       Sicherheitsapparat des Landes reformieren soll. Beide Seiten sollen sich
       zudem auf eine Liste mit den Namen von 120 Personen einigen, die wegen
       ihrer Rolle im Bürgerkrieg in der Übergangszeit keine Ämter übernehmen
       dürfen. Zur Zukunft von Assad äußert sich de Mistura in seinem Plan nicht.
       
       Die syrischen Oppositionskräfte haben bislang jegliche künftige Rolle
       Assads abgelehnt. Einige machen seinen Rücktritt zur Vorbedingung für
       Verhandlungen mit der Regierung.
       
       ## Assads Zukunft bleibt umstritten
       
       Bereits bei der ersten Genfer Syrienkonferenz Ende Juni 2012, bei der sich
       die fünf Vetomächte des Sicherheitsrates schon einmal auf einen Plan zur
       Bildung einer Übergangsregierung in Damaskus verständigt hatten, blieb die
       Zukunft Assads umstritten. Die zweite Genfer Konferenz im Februar/März
       2014, an der Vertreter der Regierung und mehrere Oppositionsgruppen
       teilnahmen, scheiterte an dieser und anderer Streitfragen.
       
       Diesmal ist zunächst ein dezentraler Verhandlungsprozess in vier
       Arbeitsgruppen geplant, die parallel, aber an verschiedenen Orten tagen
       sollen. Die Arbeitsgruppen sollen sich mit Sicherheit und Schutz für alle,
       politischen und juristischen Fragen, Fragen des Militärs, der Sicherheit
       und des Kampfes gegen den Terrorismus sowie mit Versorgung, Wiederaufbau
       und Entwicklung befassen.
       
       Mitte August hatte der UN-Sicherheitsrat mit Zustimmung der USA und
       Russlands grünes Licht für die neuen Verhandlungen gegeben. Parallel zu de
       Misturas Gesprächen fanden in den letzten drei Monaten hinter
       diplomatischen Kulissen zahlreiche Sondierungsgespräche zwischen Vertretern
       Russlands und der USA, der beiden verfeindeten Regionalmächte Saudi-Arabien
       und Iran sowie mehrerer Golfstaaten und der Türkei statt.
       
       ## Prioritär ist der Kampf gegen den IS
       
       Für diese Akteure hat inzwischen die Bekämpfung des Islamischen Staates
       (IS) oberste Priorität. Eine Beilegung oder weitgehende Deeskalation des
       syrischen Bürgerkrieges gilt als Voraussetzung für einen erfolgreichen
       Kampf gegen den IS. Ende September soll auf Initiative Teherans eine erste
       Verhandlungsrunde zwischen dem schiitischen Iran und den sechs überwiegend
       sunnitischen Golfstaaten sowie wahrscheinlich der Türkei stattfinden. Ziel
       ist laut Ankündigung der iranischen Führung die Ausräumung der politischen
       Differenzen über Syrien und dem Jemen, um einen effektiven Kampf gegen den
       IS zu ermöglichen.
       
       Es bleibt jedoch ein zentraler Widerspruch. Mit dem IS, der rund die Hälfte
       des syrischen Territoriums kontrolliert, und der zum Al-Qaida-Netzwerk
       gehörenden Al-Nusra-Front hat UN-Vermittler de Mistura keine Gespräche
       geführt. Diese beiden Parteien haben ein erhebliches Potenzial, jede
       Vereinbarung von Genf III zu sabotieren.
       
       4 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Zumach
       
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