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       # taz.de -- Neues Zeltlager in Spandau: Die Betten sind gemacht
       
       > Die Feuerwehr errichtet über Nacht an der Spandauer Kaserne 71 Zelte.
       > Nutzung des ehemaligen Flughafens Tempelhof für Flüchtlinge wird weiter
       > geprüft.
       
   IMG Bild: Innensenator Frank Henkel (CDU) besichtigt die Zeltstadt neben einer Spandauer Kaserne, die als Notunterkunft für rund 700 Flüchtlinge dienen soll.
       
       Es sind einwandige weiße Hauszelte mit Lüftungsklappen und grauer
       Bodenplane, die dort hinter der Schmidt-Knobelsdorf-Kaserne in Spandau
       stehen, wo tags zuvor nur leerer Asphalt war. 71 sind es, jedes soll zehn
       jener Flüchtlinge einen Schlafplatz bieten, die in den nächsten Tagen in
       Berlin erwartet werden. Wann genau das passiert, weiß noch keiner an diesem
       Donnerstagmorgen, als Innensenator Frank Henkel (CDU) vor Ort ankommt und
       sich die Notunterkunft anschaut. Er und Regierungschef Michael Müller (SPD)
       haben die Zeltstadt erst am Mittwochnachmittag als Reaktion auf den
       absehbaren Zustrom aus Budapest angekündigt und erwägen zudem, auch zwei
       Hangars des Exflughafens Tempelhof zu nutzen.
       
       ## Grüne stützen Senat
       
       Bis drei Uhr morgens haben Feuerwehrleute die Zelte aufgebaut. Winterfest
       seien sie nicht, sagt Susan Hermenau vom Unternehmen Prisod, das die erst
       am Freitag eröffnete Flüchtlingsunterkunft in der Kaserne selbst betreibt
       und sich nun auch um die Zeltstadt mit geplant rund 700 Menschen kümmern
       soll. „Wir hoffen, dass wir die Zelte im Oktober oder November wieder
       abbauen können“, sagt Hermenau. Toiletten oder Duschen gibt es nicht, die
       Zeltbewohner sollen die entsprechenden Räume in der Kaserne benutzen.
       
       Die Opposition im Abgeordnetenhaus reagiert gespalten auf die Notmaßnahmen
       des Senats. „Wir schaffen das – gemeinsam.“ Nicht Bundeskanzlerin Angela
       Merkel (CDU), sondern Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop ist es dieses Mal,
       die sich so äußert. „Wir sind in einer Situation, in der die demokratischen
       Parteien zusammenstehen und nach Lösungen suchen müssen“, sagt sie der taz.
       „Die werden manche nicht 100-prozentig gut finden, aber sie müssen als
       Notlösungen funktionieren.“
       
       Pops Fraktionskollegin Canan Bayram hat vergangene Woche bei der
       Grünen-Klausur eine Unterbringung in Tempelhof-Hangars, die der Senat nun
       prüft, noch sehr kritisch betrachtet. Nun äußerte sie sich auf einer Linie
       mit ihrer Fraktionschefin: „Wir finden jede Lösung richtig, bei der
       Familien erst mal ein Dach über dem Kopf haben und nicht im Park schlafen
       müssen.“
       
       Von Linkspartei und Piraten ist anderes zu hören. „Vom Senat erwarten wir,
       dass er sich nicht länger wochenweise von Notprogramm zu Notprogramm
       hangelt, sondern endlich ein nachhaltiges Programm erarbeitet“, sagt
       Linksfraktionschef Udo Wolf. Noch ablehnender reagiert der
       Piraten-Abgeordnete Fabio Reinhardt: „Die Massenunterbringung von
       Geflüchteten in Zelten ist vollkommen indiskutabel.“ Sozialsenator Mario
       Czaja (CDU) habe es sträflich versäumt, konsequent neue Möglichkeiten in
       leer stehenden Gebäuden zu prüfen. Der Senat nutze die Krise, „eine
       Unterbringung zu etablieren, die er vorher noch selbst ausgeschlossen hat“,
       so Reinhardt.
       
       Noch bevor sich der Senat entscheidet, definitiv Flüchtlinge in Tempelhofer
       Hangars unterzubringen, hat das Unternehmen Zalando die dort für Januar
       vorsehene Modemesse „Bread & Butter“ abgesagt. „Wir können keine Party
       neben traumatisierten Flüchtlingen machen“, so ein Unternehmenssprecher.
       
       An der Spandauer Kaserne ist währenddessen ein Lastwagen angekommen. Vier
       Helferinnen packen Säcke aus und überreichen sie einer Mitarbeiterin der
       Betreiberfirma. Die vier kommen aus Spandau, eine erzählt, dass sie in
       ihrem Freundeskreis Kleider, Spielsachen und Hygieneartikel gesammelt
       haben. Es soll nicht ihr letzter Besuch in der Notunterkunft gewesen sein:
       „Wir sammeln weiter.“
       
       3 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
   DIR Uta Schleiermacher
       
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