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       # taz.de -- Öffentlich-rechtliches Jugend-Internet: Schön, dass wir mal geredet haben
       
       > Das Jugendangebot von ARD und ZDF sorgt für Kritik von Privatsendern und
       > Zeitungsverbänden. Nun trafen sich alle mit der Politik.
       
   IMG Bild: TV war gestern, die Jugend wird heute im Internet erreicht.
       
       41 Stellungnahmen zum geplanten Jugendangebot von ARD und ZDF hat die
       Staatskanzlei von Sachsen-Anhalt gesammelt und [1][auf ihrer Webseite
       veröffentlicht]. Jede und jeder, der etwas beitragen wollte zu dem Plan der
       Bundesländer, die öffentlich-rechtlichen Anstalten zu beauftragen, ein
       solches Angebot für 14- bis 29-Jährige umzusetzen, durfte bis Ende Juli
       seine Meinung kundtun.
       
       Und das taten dann unter anderem der Hessische Volkshochschulverband, das
       Onlineportal Serienjunkies.de, der Katholische Deutsche Frauenbund – und
       natürlich die großen Verbände des privaten Rundfunks (VPRT und APR) und der
       deutschen Zeitungs- und Zeitschriftenverleger (BDZV und VDZ).
       
       Die Katholikinnen nahmen auf zwei Seiten Stellung und begrüßten die Pläne
       zum Jugendangebot, die Macher von Serienjunkies.de benötigten fünf Seiten,
       um ARD, ZDF und Politik in ihren Plänen zu bestärken. Wer allerdings eher
       gegen die Vergrößerung des Angebots der Öffentlich-Rechtlichen ist, holte
       weiter aus: BDZV und VDZ legten in einer gemeinsamen Stellungnahme auf 14
       Seiten dar, was sie stört.
       
       Der VPRT schrieb zwar auf Seite eins, dass er sich „explizit nicht“ gegen
       ein öffentlich-rechtliches Jugendangebot ausspräche, nutzte dann aber die
       folgenden 28 Seiten seiner Stellungnahme, um das vorab veröffentlichte
       Konzept von ARD und ZDF sowie den geplanten Paragrafen 11g in einem neuen
       Rundfunkstaatsvertrag ordentlich zu zerreißen.
       
       Solch eines neuen Paragrafen bedarf es: So beauftragen die Länder die
       öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ein Jugendangebot zu schaffen.
       Erst wenn ein neuer Rundfunkstaatsvertrag von den 16 Landesregierungen
       ratifiziert ist, kann das Jugendangebot starten.
       
       ## Keine Annäherung
       
       Doch bis dahin müssen noch jede Menge Einwände geprüft werden. Deshalb das
       Treffen am vergangenen Donnerstag in der Landesvertretung Sachsen-Anhalts
       im Berliner Regierungsviertel. Es war keine offizielle Anhörung, sondern
       eher ein „Fachgespräch zum Austausch der Argumente“, wie es ein Beteiligter
       nannte. Und so richtig näher scheint man sich bei diesem Fachgespräch auch
       nicht gekommen zu sein. Auf der einen Seite saßen Florian Hager, der Chef
       des Jugendangebots, sowie Justiziare von ARD und ZDF, gegenüber Vertreter
       von Privatsender- sowie Verlegerverbänden. Die Rundfunkreferenten (oder
       deren Vertreter) fast aller Bundesländer lauschten.
       
       Die Verleger und Privatsender stoßen sich an den vielen Ausnahmeregelungen,
       die für das Jugendangebot laut Konzept und dem vorgelegten Paragrafen 11g
       gelten sollen: keine Sieben-Tage-Frist für die Beiträge in Mediatheken,
       kein Drei-Stufen-Test, um zu testen, ob mit dem Angebot der Wettbewerb
       verzerrt würde, und es müsse zukünftig nicht unbedingt ein Sendungsbezug
       für die Onlineinhalte vorliegen. Die Privaten haben Angst vor einem
       Dammbruch. Die vielen – aus Sicht der ZuschauerInnen oft unnützen –
       Beschränkungen, denen die Öffentlich-Rechtlichen online unterliegen, haben
       RTL, Sat.1 und Co. hart erkämpft. Werden diese Grenzen nun über den Umweg
       Jugendangebot eingerissen?
       
       Besonderer Knackpunkt ist die Ausrichtung des Jugendangebots als
       Content-Netzwerk: „Das bedeutet zunächst: Nicht eine klassische Startseite
       wie bei tagesschau.de oder heute.de steht im Vordergrund, sondern die
       Verteilung und zugleich Vernetzung unterschiedlicher Inhalte auf relevanten
       Drittplattformen wie […]YouTube, Facebook & Co“, heißt es dazu im Konzept
       von ARD und ZDF.
       
       Das lässt der Paragraf 11g eines neuen Rundfunkstaatsvertrag auch explizit
       zu, die Verbreitung über Drittplattformen sei gar „zur Erreichung der
       Zielgruppe“ notwendig. Er verlangt lediglich, dass anzustreben sei, auch
       auf Drittplattformen Werbung und Sponsoring zu unterbinden. Doch was heißt
       anstreben? Reicht es, Facebook zu bitten, doch keine Werbung in die
       Timeline derjenigen NutzerInnen zu spülen, die auch Inhalte des
       Jugendangebots konsumieren? Und ist es überhaupt Aufgabe der
       Öffentlich-Rechtlichen, YouTube und Facebook mit Beiträgen zu füttern?
       
       ## Engere Ketten gesucht
       
       Auf der anderen Seite: Wo wenn nicht dort sollten ARD und ZDF das junge
       Publikum abholen? Die Befürworter des Jugendangebots sehen genau in dieser
       Verbreitung den Schlüssel zum Erfolg des Projekts. Davon scheinen die
       Verantwortlichen auch nicht abzurücken. Doch die Verleger und die
       Privatsender warnen: Wie sollen Zeitungen ihre Inhalte noch als Instant
       Articles an Facebook verkaufen (das den Urhebern die Werbeeinnahmen rund um
       ihren Artikel überlässt), wenn es ähnliche Inhalte vom Jugendangebot für
       lau bekäme (– denn Werbung darf es ja nicht geben)?
       
       Verleger und Privatsender wollen jedenfalls eine viel genauere Definition
       des Auftrags des neuen Jugendangebots als es der Vorschlag für Paragraf 11g
       derzeit vorsieht. Genauere Definition bedeutet aber auch: Sie wollen dem
       Jugendangebot engere Ketten anlegen. Und lohnt sich dann noch ein
       Jugendangebot, das sich nicht den ständig wandelnden Nutzungsgewohnheiten
       der jungen Menschen anpassen kann?
       
       Sollte der vorgelegte Paragraf 11g so in den Rundfunkvertrag Eingang finden
       und ratifiziert werden, dürfte an einer Klage gegen das Jugendangebot kaum
       ein Weg vorbei führen. Die Drohung habe laut Teilnehmern am Donnerstag im
       Raum gestanden. Das Treffen scheint also von diesem Szenario nicht
       weggeführt zu haben.
       
       6 Sep 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.medien.sachsen-anhalt.de/themen/offenes-konsultationsverfahren-zum-jugendangebot-von-ard-und-zdf/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürn Kruse
       
       ## TAGS
       
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