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       # taz.de -- Bodo Ramelow über Flüchtlings-Soli: „Eine neue nationale Aufgabe“
       
       > Statt für den Osten will Thüringens Ministerpräsident den „Soli“ künftig
       > für die Versorgung und Integration von Flüchtlingen einsetzen.
       
   IMG Bild: Nach 1945 habe Deutschland ganz andere Summen für Flüchtlinge ausgegeben, sagt Bodo Ramelow.
       
       taz: Bisher zahlen wir den „Soliaritätszuschlag“ – einen Aufschlag von 5,5
       Prozent auf die Einkommensteuer – vor allem für den Aufbau Ost. Es
       überrascht, dass ein ostdeutscher Ministerpräsident den Soli anders nutzen
       will. Braucht der Osten das Geld nicht mehr? 
       
       Bodo Ramelow: Der Soli war zwar mal dazu gedacht, die teilungsbedingten
       Nachteile der neuen Länder auszugleichen. Aber inzwischen fließt nur noch
       rund die Hälfte der 16 Milliarden Euro in die neuen Länder, und ab 2019
       bleibt das Geld komplett beim Bund. Deswegen habe ich vorgeschlagen, den
       Anteil des Bundes zur Finanzierung der Flüchtlings- und Integrationskosten
       für alle 16 Bundesländer zur Verfügung zu stellen. Das würde zu einem
       echten, gesamtdeutschen Soli führen, der für eine neue nationale Aufgabe
       eingesetzt wird.
       
       Der Soli belastet Normalverdiener. Wäre es nicht sinnvoller, den
       Spitzensteuersatz zu erhöhen – wie Ihre Partei ja sonst immer fordert? 
       
       Der Soli belastet alle Menschen gleichermaßen. Zudem ist jetzt nicht die
       Stunde von Parteipolitik. Die Flüchtlingskosten gehen in die Milliarden,
       alle Bundesländer sind in massiver Not. Deshalb habe ich einen Vorschlag
       gemacht, der pragmatisch und praktikabel ist.
       
       Den von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vermittelten Eindruck, dass
       die Ausgaben für Flüchtlinge problemlos aus den zusätzlichen
       Steuereinnahmen finanziert werden können, teilen Sie also nicht? 
       
       Theoretisch könnten wir das locker finanzieren. Der Bund hat ja
       Steuermehreinnahmen von 24 Milliarden Euro. Aber davon will er den Ländern
       gerade mal 3 Milliarden abtreten – und gleichzeitig behält er immer größere
       Anteile aus dem Soli. So geht die Rechnung nicht auf.
       
       Fürchten Sie nicht, dass es Vorbehalte gegen Flüchtlinge schürt, wenn deren
       Kosten auf jeder Steuererklärung gesondert auftauchen? 
       
       Ja, man muss schon in Betracht ziehen, was es bedeutet, wenn humanitäres
       Handeln auf einmal in Geld abgerechnet wird. Aber nach 1945 hat Deutschland
       ganz andere Summen für Flüchtlinge ausgegeben. Besondere Ereignisse
       erfordern besondere Lösungen.
       
       Haben Sie zu Ihrem Vorschlag schon Rückmeldungen aus anderen Ländern
       bekommen? 
       
       Ja, es gibt aus mehreren Staatskanzleien Hinweise, dass man das
       bedenkenswert findet. Denn im Moment gibt es keinen anderen glaubwürdigen
       Vorschlag, wie das Problem gelöst werden soll. Was die Koalition im Bund
       beschlossen hat, langt jedenfalls hinten und vorne nicht. Allein in
       Thüringen rechnen wir nächstes Jahr mit einer halben Milliarde Euro Kosten
       für die Flüchtlinge. Als ich ins Amt kam, standen im Haushalt an der Stelle
       25 Millionen.
       
       11 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
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