URI: 
       # taz.de -- Tausende gegen „sächsische Kackscheiße“: Dresden kann auch schöne Demos
       
       > „Heute die Pogrome von morgen verhindern“: Unter diesem Motto
       > protestieren rund 8.000 Menschen. Sie kritisieren auch die sächsischen
       > Innenbehörden.
       
   IMG Bild: Refugees Welcome: Klare Botschaft aus und nach Dresden.
       
       Dresden taz | Die Stadt zeigt sich von ihrer lieblichen Seite: Strahlender
       Sonnenschein, spätsommerliche Elb-Idylle. Vor dem Bahnhof Dresden-Neustadt
       spielen abends Max Herre und die Hiphop-Band Zugezogen Maskulin. Doch die
       Festivalatmosphäre ist trügerisch.
       
       Dresden mag sich freundlich geben, im Stadtteil Neustadt sowieso. Vor dem
       Konzert aber warnt eine Sprecherin des Bündnis „Dresden Nazifrei“ von der
       Bühne. „Wenn ihr nach Heidenau fahren wollt, wartet bis nach dem Konzert,
       da fahren wir gemeinsam. Wir sind hier nicht in Berlin oder Frankfurt. Die
       Nazis sind dort gut organisiert. Die wohnen da.“
       
       Dem Ruf des Bündnis Dresden Nazifrei waren bereits rund 8.000
       Demonstrant_innen gefolgt: vor allem Menschen aus Dresden, aber auch
       Demonstrant_innen aus dem ganzen Bundesgebiet und Tschechien. Allein aus
       Berlin kommen mehrere Hundert in Bussen, per Bahn und in Privatautos. Unter
       dem Motto „Heute die Pogrome von morgen verhindern! Schutz für Geflüchtete
       statt Verständnis für Rassist_innen!“ gehen sie auf die Straße. Die
       Stimmung ist gut, die Demo gibt sich lautstark und kämpferisch
       
       Nazis zeigen sich nur vereinzelt. Zu Beginn der Demo um 14 Uhr am
       Hauptbahnhof steht an einem Einkaufszentrum ein Mann mit einem Schild: „Die
       Antifa ist die Terrormiliz des Staates“ – allerdings nicht lange,
       Demonstrierende schubsen ihn und nehmen ihm das Schild ab. Als die
       Demonstration eine Stunde später startet, versucht ein älterer Herr mit
       einem „Wir sind das Volk“-T-Shirt mit seinem Fahrrad in die Flanke der
       Demonstration zu fahren. Auch ihm wird schnell klar gemacht, dass er nicht
       erwünscht ist.
       
       ## Kritik am „Generalversagen“ der Polizei
       
       Auch die Polizei hält sich eher zurück, aber trotzdem ist allen
       Teilnehmer_innen klar, warum sie demonstrieren. Die Ausschreitungen aus
       Heidenau (hier auch als „Pogrome“ bezeichnet) sind nur der Auslöser. Starke
       Kritik richtet sich an die sächsische Polizei und das Innenministerium, die
       in Heidenau nicht entschieden einschritten. Keine Verhaftungen gab es dort,
       nur eine Person wurde in Gewahrsam genommen: ein Fotograf, der
       Polizist_innen fotografiert hatte. „Das ist ein Generalversagen mit
       System“, schimpft ein Redner.
       
       Weitere Redner_innen erinnern an die Pogrome von Rostock-Lichtenhagen vor
       23 Jahren und an die Mordserie des NSU, die vor genau 14 Jahren begann. Auf
       einem Spruchband steht: „Wer von der CDU nicht reden will, soll vom
       Nazipack schweigen“. Es geht eben nicht nur um die „sächsische
       Kackscheiße“, wie auf einigen Aufklebern steht, sondern gegen die
       „rassistische Gesamtscheiße“ – unter diesem Motto hatten Berliner Antifas
       zur Demo mobilisiert.
       
       Gegen 17.30 Uhr endet die Demo am Bahhof Dresden-Neustadt mit Konzerten. In
       Heidenau soll es weitergehen: Das Bundesverfassungsgericht hat jegliches
       Demonstrationsverbot aufgehoben. „Es gibt noch viele Möglichkeiten zu
       antifaschistischen Aktionen“, kündigt ein Sprecher von der Bühne an.
       
       29 Aug 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Göbel
       
       ## TAGS
       
   DIR Demonstrationen
   DIR Dresden
   DIR Sachsen
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Solidarität
   DIR Heidenau
   DIR Berlin Nazifrei
   DIR Sachsen
   DIR Schwerpunkt Rassismus
   DIR Flüchtlinge
   DIR Schwerpunkt Rassismus
   DIR Flüchtlinge
   DIR Sigmar Gabriel
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Schwerpunkt Rassismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Zweite rechtsextreme Zu-Groß-Demo: „Berlin Nazifrei“ will blockieren
       
       Am Samstag laufen Neonazis und Rechtspopulisten unter dem Motto „Merkel
       muss weg“ durch Berlin. Das Bündnis „Berlin Nazifrei“ stellt sich entgegen.
       
   DIR Tillich über Hass auf Flüchtlinge: „Minderheit besudelt unser Land“
       
       Nach den Gewaltausbrüchen in Heidenau hat Sachsens Ministerpräsident
       Tillich deutliche Worte gefunden. Er verurteilte Extremisten und Mitläufer.
       
   DIR Krawalle vor den Flüchtlingsheimen: Der Ossi will es leichthaben
       
       Sind ausländerfeindliche Angriffe ein ost- oder ein gesamtdeutsches
       Phänomen? Beides, sagt ein Experte.
       
   DIR Nach den Ausschreitungen in Heidenau: Eine neue Dimension der Gewalt
       
       Sachsens Verfassungsschutz macht der NPD Vorwürfe. Unterdessen wehren sich
       verschiedene Landeschefs gegen das Nazi-Image Ostdeutschlands.
       
   DIR Kommentar Heidenau: Beschämend und abstoßend
       
       Ein Versammlungsverbot? Weniger demokratisches Grundverständnis geht kaum
       noch. Beruhigend nur, dass sogar Konservative sich empören.
       
   DIR Nach den Krawallen in Heidenau: In Dunkeldeutschland
       
       In Heidenau vereinen sich Pegida und die NPD. Nirgendwo sitzt braunes
       Gedankengut so fest wie südlich von Dresden.
       
   DIR Porträt Sigmar Gabriel: Besser als sein Ruf
       
       Das Image von Sigmar Gabriel ist mies. Die SPD leidet unter ihrem Chef, bei
       den Deutschen ist er nur mäßig beliebt. Warum eigentlich?
       
   DIR Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte: „Bitte kein weiteres ‚Heidenau‘“
       
       In Leipzig und Parchim wird erneut eine Unterkunft angegriffen, in Nauen
       werden Brandstifter gesucht. Erfurts Oberbürgermeister schreibt an Merkel.
       
   DIR Rassistische Krawalle in Heidenau: Nicht ein Täter sitzt in Haft
       
       Zwei Festgenommene befinden sich wieder auf freiem Fuß.
       Amadeu-Antonio-Stiftung und Polizeigewerkschaft kritisieren die sächsische
       Polizei.