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       # taz.de -- Abkommen zum Waffenhandel: Rüstungskontrolle ohne Transparenz
       
       > Die Vertragsstaaten konnten sich nicht auf verbindliche Regeln bei
       > Rüstungslieferungen einigen. Das Abkommen soll den Handel einschränken.
       
   IMG Bild: Handelseinschränkungen gelten nach der Vereinbarung für Großwaffensysteme wie Kampfpanzer.
       
       GENF taz | Die erste Vertragsstaatenkonferenz zum Abkommen über den
       Waffenhandel (Arms Trade Treaty, ATT) im mexikanischen Cancún, die Freitag
       zu Ende ging, hat sich nicht auf uneingeschränkte Transparenz bei
       Rüstungslieferungen einigen können. Der Hauptwiderstand gegen die
       Vereinbarung entsprechender verbindlicher Regeln kam von Deutschland und
       anderen Rüstungsexporteuren aus der EU. Der bislang von 130 Staaten
       unterzeichnete ATT war im April 2013 von der UNO-Generalversammlung mit
       Dreiviertelmehrheit verabschiedet worden. Er trat im Dezember 2014 nach der
       erforderlichen Ratifikation durch 50 Länder (inzwischen 72) in Kraft.
       
       Das Abkommen sieht Einschränkungen vor für den Handel mit sieben
       Großwaffensystemen (Kampfpanzer und gepanzerte Fahrzeuge, schwere
       Artilleriegeschütze, Kampfflugzeuge- und Hubschrauber, Kriegsschiffe,
       Raketen beziehungsweise Raketenwerfer).
       
       Das Abkommen gilt auch für Kleinwaffen, wenn die Gefahr besteht, dass sie
       im vorgesehenen Empfängerland für Kriegsverbrechen, Völkermord und andere
       schwere Meschenrechtsverstöße verwendet werden. Handelseinschränkungen
       gelten auch bei der Gefahr, dass die Waffen „Frieden und Sicherheit“ im
       Empfängerland oder in der Region gefährden, oder für
       „geschlechtsspezifische Gewalttaten“, Terrorakte oder zu „Zwecken
       organisierter Kriminalität“ eingesetzt werden.
       
       Voraussetzung zur Umsetzung dieser Bestimmungen wäre die lückenlose
       Offenlegung aller (geplanten) Rüstungsex- und Importe durch alle
       Vertragsstaaten. Da darüber bei den Verhandlungen über den ATT-Vertragstext
       keine Einigung erzielt werden konnte, wurde diese Frage sowie einige noch
       offene Umsetzungbestimmungen auf die erste Vertragsstaatenkonferenz in
       Cancún verschoben.
       
       ## Einigung bis spätestens Ende Mai 2016
       
       Mexiko als Gastgeber sowie Control Arms, eine internationale Koalition von
       Nichtregierungsorganisationen aus über 120 Ländern, forderten, dass die
       Regierungen sämtliche relevanten Daten von Rüstungslieferungen in
       jährlichen Berichten offenlegen müssen. Und zwar nicht nur gegenüber dem
       bereits bestehenden, bislang aber auf freiwillige Berichte der Staaten
       angewiesene UN-Waffenregister in New York, sondern auch gegenüber den
       nationalen Parlamenten und der Öffentlichkeit.
       
       Diese Forderung wurde von Deutschland und anderen Staaten abgelehnt. Nach
       dem Scheitern dieser Forderung in Cancún soll nun bei weiteren
       Verhandlungen zwischen den Vertragsstaaten bis spätestens Ende Mai 2016
       eine Einigung erzielt werden. Bis dahin müssen die Vertragstaaten ihren
       ersten Bericht zur Umsetzung des ATT vorlegen.
       
       „Ziel ist die Vereinbarung einer für jeden Vertragsstaat unterschiedlosen
       Berichtspflicht“, erklärte der Präsident der Vertragsstaatenkonferenz,
       Jorge Lomonaco, Mexikos UNO-Botschafter in Genf. Die Direktorin von Control
       Arms, Anna Macdonald betonte, die Pflicht zur Offenlegung der Berichte sei
       „unverzichtbar für einen effektiven Waffenhandelsvertrag. Sollten einige
       Staaten bei ihrer Weigerung zur Offenlegung bleiben, wäre der Vertrag
       wertlos“.
       
       Als zufriedenstellend begrüßte Macdonald die Entscheidungen der Konferenz
       zur weiteren Beteiligung von NGOs sowie zur Finanzierung des künftigen
       ATT-Sekretariats in Genf, das die Umsetzung des Vertrages überwachen soll.
       In Cancún wurde beschlossen, dass künftige Entscheidungen nicht mehr wie
       bislang im Konsens getroffen werden müssen – wobei jedes Land ein Veto
       hätte – , sondern dass bei inhaltlichen Fragen eine Zweidrittelmehrheit und
       bei prozeduralen Abstimmungen die einfache Mehrheit ausreichend sind.
       
       30 Aug 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Zumach
       
       ## TAGS
       
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