# taz.de -- Fluchtwege durch Europa: Italien sagt Kontrollen am Brenner zu
> Auf Bitte Bayerns hat Italien eingewilligt, temporäre Grenzkontrollen am
> Brenner einzuführen. In der Ägäis ertrinken 12 Menschen.
IMG Bild: Warten am Brenner-Pass.
Rom/Budapest afp | Auf Drängen Bayerns macht Italien seine Grenze für
Flüchtlinge dicht: Sie sei bereit, am Brenner wieder zu kontrollieren, um
Einwanderer an der Weiterreise durch Österreich nach Deutschland zu
stoppen, gab die italienische Provinzregierung am Mittwoch bekannt. In
Budapest forderten hunderte Flüchtlinge weiter ihre Weiterreise Richtung
Westen. Bei ihrem Versuch, eine griechische Insel zu erreichen, ertranken
zwölf Syrer in der Ägäis, darunter ein Kleinkind.
Nach der Ankunft von 3500 Flüchtlingen in Bayern seit Montag hatte
Sozialministerin Emilia Müller ihre Südtiroler Amtskollegin Martha Stocker
am Dienstag um die Wiedereinführung der Kontrollen an der
Schengen-Binnengrenze gebeten. Die italienische Regierung sei dazu bereit,
hieß es am Mittwoch aus Bozen. Die Provinzregierung verwies auf die
Möglichkeit zu vorübergehenden Kontrollen im Schengen-Raum [1][wie zuletzt
beim G7-Gipfel in Elmau].
Um Bayern zu ermöglichen, „wieder Herr der Lage bei der Flüchtlingsaufnahme
zu werden“, werde Südtirol überdies für einige Tage 300 bis 400 Flüchtlinge
in Turnhallen unterbringen, erklärte Landeshauptmann Arno Kompatscher.
Österreich hatte am Montag an seiner Grenze zu Ungarn wieder Kontrollen
eingeführt und damit auch massive Staus verursacht. Weil viele Länder, in
denen die Flüchtlinge die EU betreten, die Einwanderer einfach weiterziehen
ließen, liege der Schengen-Raum „de facto in Scherben“, sagte der
slowakische Außenminister Miroslav Lajcak am Mittwoch. Ungarns
Regierungschef Viktor Orban rechtfertigte, dass seine Regierung die
Flüchtlinge am Montag vorübergehend hatte weiterziehen lassen. „Wer
überrannt wird, kann niemanden aufnehmen“, [2][schrieb er in der
Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom Donnerstag].
## Brüssel sucht nach Lösung
Die EU-Kommission kündigte einen neuen Anlauf an, die Mitgliedstaaten zu
schnelleren Reaktion auf Flüchtlingskrisen zu verpflichten. Brüssel werde
einen „permanenten Notfallmechanismus“ für die Umverteilung von
Flüchtlingen vorschlagen, sagte eine Kommissionssprecherin in Brüssel. Er
solle bei jeder Krise „automatisch ausgelöst“ werden und dafür sorgen, dass
ein Teil der Schutzbedürftigen „auf Basis eines gerechten
Verteilungsschlüssels“ aufgenommen werde.
In Ungarns Hauptstadt Budapest blieb [3][die Lage am Mittwoch] angespannt:
Bis zu 150 Flüchtlinge forderten mit einer Demonstration die Weiterreise
nach Österreich und Deutschland. Rund 600 weitere Männer, Frauen und Kinder
standen oder saßen vor dem Keleti-Bahnhof, während 1200 weitere in einem
unterirdischen Transitbereich warteten. Die Behörden hatten am Montag
überraschend tausenden Migranten die Weiterreise erlaubt, am
Dienstagvormittag aber den Bahnhof für Reisende ohne gültiges EU-Visum
wieder gesperrt.
In einem Budapester Vorort harrten etwa hundert Flüchtlinge auf einem
Bahnsteig aus, nachdem sie von einem Registrierungszentrum nahe der
serbischen Grenze eingetroffen waren. Laut Polizei weigerten sie sich, in
ein Flüchtlingslager gebracht zu werden. „Wir bleiben hier, bis wir mit dem
Zug nach Deutschland reisen können“, sagte ein Syrer namens Mohammed. Er
würde „noch einen Monat, noch ein Jahr“ protestieren, sollte dies nötig
sein.
## Wieder Tote im Mittelmeer
Auch in Griechenland kommen immer mehr Flüchtlinge an. Zwei Boote sanken
auf dem Weg von der türkischen Halbinsel Bodrum zur griechischen
Ferieninsel Kos. Die Rettungskräfte fanden zwölf Leichen, darunter die von
fünf Kindern und einer Frau, wie die türkische Küstenwache mitteilte. 15
Menschen überlebten – einige hatten es mit Schwimmwesten an die Küste
geschafft. Die türkische Nachrichtenagentur Anadolu veröffentlichte das
Bild eines Kleinkinds, das tot mit dem Gesicht nach unten an den Strand von
Bodrum gespült worden war.
Im Athener Hafen Piräus dockten seit Dienstagabend zwei Schiffe mit
insgesamt 4300 Flüchtlingen überwiegend aus Syrien an. Die beiden von der
Regierung angemieteten Schiffe hatten die Flüchtlinge von der Insel Lesbos
abgeholt. Insgesamt trafen in diesem Jahr schon mehr als 160.000
Flüchtlinge in Griechenland ein, die Behörden sind damit völlig
überfordert.
2 Sep 2015
## LINKS
DIR [1] /!5201919/
DIR [2] http://www.faz.net/aktuell/politik/fluechtlingskrise/orban-und-die-fluechtlingskrise-wer-ueberrannt-wird-kann-niemanden-aufnehmen-13782061.html
DIR [3] /Fluechtlingspolitik-in-Ungarn/!5226342/
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