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       # taz.de -- Neues Album von Miley Cyrus: So weit, so boring
       
       > Miley Cyrus ist zurück. Ihr Album „Miley Cyrus and Her Dead Petz“ gibt‘s
       > kostenlos im Netz. So richtig lohnt sich der Bällebad-Pop aber nicht.
       
   IMG Bild: Schrill und irgendwie öde: Miley Cyrus.
       
       So sieht es aus, wenn ein Marketingplan nicht hundertprozentig aufgeht:
       Sonntag vor einer Woche hat Miley Cyrus die [1][MTV Video Music Awards]
       moderiert – was auch ganz konsequent ist, denn die Show hat in den letzten
       Jahren immer ihren „Miley-Moment“ gehabt: 2013 twerkte sie mit Robin
       Thicke, letztes Jahr schickte sie einen hübschen Jüngling vor, der auf der
       Bühne (anstatt die üblichen Dankesfloskeln abzuspulen) die Probleme
       obdachloser Jugendlicher in den USA thematisierte.
       
       Dieses Jahr hatte Miley Cyrus noch keine Musik veröffentlicht, also
       überließ ihr MTV gleich die ganze Show, die ihr dann jedoch von Kanye Wests
       toller Rede gestohlen wurde, an deren Schluss er verkündete,
       [2][US-Präsident werden zu wollen].
       
       Am Ende der Show verkündete Miley dann aber die eigentliche News des
       Abends: Sie habe ein neues Album und man könne es [3][kostenlos auf
       Soundcloud] anhören. „Miley Cyrus and Her Dead Petz“ heißt es und es
       handelt von drei Haustieren, deren Tod Miley betrauert. Was übrigens kein
       Anlass für geschmacklose Witze ist: Wer würde nicht lieber tote Haustiere
       betrauern anstatt sich mit anderen Problemen herumzuschlagen?
       
       Miley Cyrus zeigt sich bei solchen Nichtigkeiten in ihrer Paraderolle: die
       Tochter aus gutem Hause, die permanent über die Stränge schlägt. Mal greift
       sie daneben – etwa wenn sie sich das afroamerikanische Twerking aneignet.
       Dann aber macht sie auch ziemlich viel richtig, etwa wenn sie eine
       [4][Charity für LGBTQ-Teenager] gründet.
       
       ## Langweiliger Formatradio-Pop
       
       Das Highlight ihres Universums sind jedoch ihre Konzerte, zu denen sie über
       eine große Zunge reingerutscht kommt, sich auf einem überdimensionalen Bett
       mit vier männlichen Models räkelt und irgendwann einen 20 Meter hohen Husky
       mit Laseraugen auf die Bühne stellt: das Äquivalent eines Bällebads für die
       millionenschwere Popstar-Tochter.
       
       Musik macht Miley Cyrus übrigens auch. Das ist aber unwichtig, denn ihre
       Songs sind eher öde. Früher produzierte Miley Cyrus Formatradio-Pop fürs
       Formatradio: Party-HipHop-Beats treffen auf Country-Gitarren. Alles wird in
       maximal drei Minuten abgehandelt. Heute macht Miley immer noch
       Formatradio-Pop, nur das Format hat sich geändert. Sie konkurriert nun um
       die Spotify-Playlist der Millennials und als Zeichen dessen hat sie ihre
       Produktpalette etwas ausdiversifiziert.
       
       Für „Miley Cyrus and Her Dead Petz“ hat ihr Wayne Coyne von den Flaming
       Lips geholfen. Die machen selbst so eine Art Bällebad-Pop, nur dass sie
       eine andere Zielgruppe bedienen: diejenigen, die in den Neunzigern mit
       Alternative-Rock aufgewachsen sind. Für sie hat Wayne Coyne eine eigene
       Bällebad-Form von Stagediving entwickelt, bei der er sich in einer großen
       Plastikkugel von seinen Fans auf Händen durch Konzerthallen balancieren
       lässt.
       
       Die Songs der Flaming Lips erzählen von verrückten Wissenschaftlern auf der
       Suche nach der Weltheilformel oder einem Mädchen, das wie im Videospiel
       eine Armee von Robotern bekämpft.
       
       ## Künstlich wie Softdrinks
       
       Gemeinsam mit Cyrus hat Coyne ein Homerecording-Album produziert, das vor
       allem eine penetrante Zurschaustellung von Einflüssen ist: „Milky Milky
       Milk“ versucht sich am verhallten, hypnagogischen Synthie-Pop von Nite
       Jewel und scheitert daran, „Fuckin Fucked Up“ mischt Trapbeats mit
       schlierigem Purple-HipHop, und „I’m so drunk“ erinnert in seiner
       ausgestellten Künstlichkeit an den Softdrink-Pop von PC-Musik.
       
       Irgendwann droppt Miley auch den Namen David Bowie (Gähn!), dann darf auch
       noch der kalifornische Weirdo-vom-Dienst Ariel Pink vorbeischauen, der seit
       Längerem um sich selbst kreisenden Lo-Fi-Leerlauf-Zitat-Pop produziert und
       in den letzten Jahren hauptsächlich mit dämlichen Aussagen über Frauen
       aufgefallen ist.
       
       Pinks Mitwirkung ist sinnbildlich für das Generalproblem von „Miley and Her
       Dead Petz“: Die Musik ist zu berechnend. Kanye West hat seine Produzenten
       für „Yeezus“ ähnlich generalstabsmäßig wie Miley Cyrus gecastet, aber damit
       ein Album produziert, das seine Spannung aus seinem ausgestellten
       Größenwahn bezieht. Bei Miley Cyrus regiert dagegen langweilige
       Geschmackssicherheit – Musik wie ein Tumblr, der seit zwei Jahren nicht
       mehr aktualisiert wurde.
       
       Also, Miley Cyrus hat ein neues Album draußen. So weit, so boring. Aber
       dieser Husky bei ihren Liveshows, der ist wirklich toll.
       
       7 Sep 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.youtube.com/watch?v=S0PeHEg0Dv0
   DIR [2] http://www.spiegel.de/panorama/leute/mtv-video-music-awards-kanye-west-will-2020-us-praesident-werden-a-1050621.html
   DIR [3] http://www.mileycyrusandherdeadpetz.com/
   DIR [4] http://www.happyhippies.org/#hello
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Werthschulte
       
       ## TAGS
       
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