# taz.de -- AKP-Anhänger erzürnt durch Tweet: „Hürriyet“-Redaktion angegriffen
> Der eine Tweet zu Erdogan war zuviel: AKP-Anhänger haben die
> „Hürriyet“-Redaktion in Istanbul gestürmt. Der Präsident hatte die
> Mediengruppe wiederholt kritisiert.
IMG Bild: Die „Hürriyet“ in einem Münchener Kiosk
Istanbul afp | Etwa 150 Anhänger der türkischen Regierungspartei AKP haben
die Büros der Zeitung „Hürriyet“ in Istanbul gewaltsam gestürmt. Die Menge
habe am Sonntag AKP-Slogans skandiert und das Redaktionsgebäude im Viertel
Bagcilar mit Steinen beworfen, berichtete die [1][„Hürriyet“] auf ihrer
Website. Außerdem hätten die Randalierer Fenster sowie die Tür am
Haupteingang des Gebäudes eingeschlagen. Sondereinsatzkräfte der Polizei
hätten die Menge auseinandergetrieben.
Der Zorn der Randalierer hatte sich offenbar an einer Twitter-Meldung der
Zeitung entzündet. Diese bezog sich auf die Äußerung des türkischen
Staatschefs Recep Tayyip Erdogan in einem Live-Interview mit dem
regierungsfreundlichen Fernsehsender A-Haber. Darin sagte er mit Blick auf
den Verlust der absoluten Mehrheit der AKP bei der Parlamentswahl im Juni:
„Wenn eine Partei 400 Sitze bei den Wahlen bekommen hätte und die
erforderliche Stimmenzahl im Parlament für eine Verfassungsänderung
erreicht hätte, wäre die Lage anders.“
„Hürriyet“ stellte in ihrem Tweet diese Äußerung in Zusammenhang mit einem
Angriff der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in Daglica in der Provinz
Hakkari, bei dem am Sonntag laut Medienberichten zahlreiche türkische
Soldaten getötet worden waren. „Daglica-Kommentar von Erdogan: Das wäre
nicht passiert, wenn 400 Mandate erreicht worden wären“, schrieb die
Zeitung im Kurznachrichtendienst Twitter.
Später löschte sie diesen Tweet, der eine Twitter-Kampagne von
AKP-Anhängern gegen „Hürriyet“ auslöste.
## Pressefreiheit eingeschränkt
Erdogan hatte in der Vergangenheit wiederholt die Mediengruppe Dogan
kritisiert, zu der „Hürriyet“ gehört. Der Angriff auf die Zeitung erfolgte
inmitten wachsender Sorge über Einschränkungen der Pressefreiheit in der
Türkei.
Der Verlust der absoluten Mehrheit seiner AKP bei der Parlamentswahl im
Juni war ein schwerer Rückschlag für Erdogan. Er hatte darauf gesetzt, nach
dem Urnengang durch eine Verfassungsänderung die Befugnisse des Präsidenten
zu stärken, der bislang vorwiegend repräsentative Aufgaben hat. Diese Pläne
sind ohne absolute Mehrheit nicht umsetzbar. Grund für den Rückschlag war
auch der Erfolg der kurdischen HDP, die erstmals die Zehn-Prozent-Hürde
übersprang.
Da in der Folge die Bildung einer Regierungskoalition aber scheiterte,
finden am 1. November vorgezogene Neuwahlen statt. Kritiker werfen Erdogan
vor, er habe den Konflikt mit der PKK eskalieren lassen, um sich Stimmen
aus dem nationalistischen Lager zu sichern. Die Waffenruhe zwischen der
türkischen Regierung und der PKK endete Ende Juli.
7 Sep 2015
## LINKS
DIR [1] http://www.hurriyet.com.tr/gundem/30003704.asp
## TAGS
DIR Hürriyet
DIR Schwerpunkt Pressefreiheit
DIR Schwerpunkt Türkei
DIR Recep Tayyip Erdoğan
DIR Istanbul
DIR Schwerpunkt Türkei
DIR Schwerpunkt Türkei
DIR Schwerpunkt Türkei
DIR Schwerpunkt Türkei
DIR Schwerpunkt Türkei
DIR Schwerpunkt Türkei
DIR Schwerpunkt Türkei
DIR Schwerpunkt Syrien
DIR Schwerpunkt Türkei
DIR PKK
DIR Schwerpunkt Türkei
DIR PKK
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Proteste gegen Festnahmen in der Türkei: „Eine Ehre, angeklagt zu werden“
Die drei Aktivisten von „Reporter ohne Grenzen“ hatten sich mit einer
kurdischen Zeitung solidarisiert. Gegen ihre Verhaftung wurde demonstriert.
DIR Pressefreiheit in der Türkei: Polizei stürmt Medienhaus
Vor laufender Kamera haben türkische Sicherheitskräfte die Kontrolle über
zwei TV-Sender übernommen. Sie gelten als regierungskritisch. Am Sonntag
wird gewählt.
DIR Pressefreiheit in der Türkei: Kritik verboten
Das neue Titelbild des Magazins „Nokta“ ist eine kritische
Erdoğan-Fotomontage. Nun durchsuchte die Polizei die Redaktion, die Ausgabe
soll verboten worden sein.
DIR Eskalation in der Türkei: Das Wort „Frieden“ ist verpönt
Die Stimmung in der Westtürkei ist extrem angespannt. Nach den Kämpfen
zwischen PKK und Sicherheitskräften wächst die Gefahr eines Bürgerkrieges.
DIR Konflikt in der Türkei: Nationalisten greifen HDP-Zentrale an
Demonstranten attackieren Büros der Kurdenpartei HDP, einige brennen aus.
Anhänger von Erdogan versuchen erneut, die Zeitung „Hürriyet“ zu belagern.
DIR Konflikt mit der PKK: Türkei schickt Soldaten in Nordirak
Im Osten der Türkei hat es bei einem Anschlag Tote gegeben. Nach
Luftangriffen auf PKK-Stellungen greift die Türkei nun zu anderen Mitteln.
DIR Polizeigewalt gegen Demo in Istanbul: Gas, Wasser, Scheiße
Bei einer Demo gegen Präsident Erdogan ist die türkische Polizei mit Gewalt
vorgegangen. Mehr als ein Dutzend Menschen wurden festgenommen, darunter
ein Fotograf.
DIR Syrien nach dem Arabischen Frühling: „Das wird alles ziemlich hässlich“
Säkularismus ist die Voraussetzung für Fortschritt, sagt der syrische
Philosoph Sadik al-Azm. Ein Gespräch über erstarkende Islamisten und die
Zukunft Syriens.
DIR Regierungskritik in der Türkei: Polizei durchsucht Medienkonzern
Die Zeitung „Bugün“ hatte über angebliche türkische Waffenlieferungen an
den IS berichtet. Jetzt hat die Polizei ihre Zentrale sowie Privatwohnungen
durchsucht.
DIR Chancen der kurdischen Selbstverwaltung: Autonom in der Region
Einen kurdischen Staat wollen weder Nachbarn noch Großmächte. Mit dem
Zerfall Iraks und Syriens ergeben sich trotzdem Chancen.
DIR Keine Regierungsbildung in der Türkei: Erdogan ruft Neuwahl aus
In der Türkei ist die Bildung einer Koalitionsregierung gescheitert.
Präsident Erdogan hat nun wie erwartet eine Neuwahl in zwei Monaten
ausgerufen.
DIR Konflikt zwischen Türkei und Kurden: PKK fordert internationalen Vermittler
Für die kurdischen Rebellen kommt ein Waffenstillstand mit der Türkei nur
in Frage, wenn er von einer dritten Instanz kontrolliert wird. Etwa von den
USA.