# taz.de -- Kommentar Frankreich und Syrien: Das Völkerrecht zählt nicht mehr
> Präsident Hollande will den IS nun auch in Syrien mit Bomben bekämpfen.
> Damit gibt er die bisherige Doktrin französischer Auslandsoperationen
> auf.
IMG Bild: Das französische Militär schickt seine Mirage-Kampfjets künftig auch über syrisches Staatsgebiet
Was auf den ersten Blick wie eine logische oder rein geografische
Erweiterung der bisherigen militärischen Intervention aussieht, stellt in
Wirklichkeit eine grundlegende Änderung der Doktrin der französischen
Auslandsoperationen dar.
Bisher lautete das Prinzip, dass entweder ein Mandat der Vereinten Nationen
oder wenigstens eine Resolution des Weltsicherheitsrates vorliegen muss.
Andernfalls bestand auch die Möglichkeit, auf ausdrücklichen Wunsch einer
befreundeten und möglichst demokratisch gewählten Regierung zur
Wiederherstellung des Friedens oder zum Schutz von Flüchtlingen und
insbesondere französischen Staatsbürgern in einem bewaffneten Konflikt
einzugreifen.
Wenn es um die Legitimierung einer militärischen Operation im Ausland ging,
nahm es Frankreich, gerade in ehemaligen Kolonien, bislang sehr genau mit
dem Völkerrecht. Im Gegensatz zur USA, die einzig auf den Anspruch
gestützt, ihre Interessen zu verteidigen oder zur Bekämpfung von externen
bewaffneten Feinden ihre Streitkräfte weltweit zum Einsatz beriefen,
UN-Mandat oder nicht.
Jetzt verlässt also auch Hollande den Boden des Völkerrechts, indem er das
Recht zur Selbstverteidigung gegen den Terrorismus des IS geltend macht,
den er in seiner Rechtfertigungsrede auch gleich als Hauptursache des
Flüchtlingselends nennt.
Das heißt nicht, dass Hollande sich mit seinem Recht, Krieg zu führen,
nicht moralisch im Recht fühlen kann. Aber mehr als ein binäres Weltbild
von Gut und Böse scheint er nicht zu haben. Übrigens auch keinen Plan, wie
künftig mit dem syrischen Machthaber Assad oder dem schwelenden
türkisch-kurdischen Konflikt umzugehen wäre.
Man könnte also auch sagen: Hollande ist mutig. Denn so weit war nicht
einmal sein Vorgänger Nicolas Sarkozy gegangen, der sich nicht gescheut
hatte, von einem „Krieg der Zivilisationen“ zu reden.
8 Sep 2015
## AUTOREN
DIR Rudolf Balmer
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