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       # taz.de -- Verschärfung des Asylgesetzes: Nur noch Fahrkarte und Reiseproviant
       
       > Der Innenminister schlägt massive Verschärfungen für Dublin-Flüchtlinge
       > vor. Sie sollen nur noch Proviant und Reisetickets erhalten.
       
   IMG Bild: Erst hat Herr de Maizière sich einen Überblick im Durchgangslager verschafft und dann reagiert
       
       Karlsruhe taz | Die Bundesregierung plant massive Einschränkungen im
       Asylbewerberleistungsgesetz. Sie sind enthalten in einem 128-seitigen
       Gesetzentwurf, der sich derzeit in der Ressortabstimmung befindet. Er wird
       vermutlich fertiggestellt bis zum „Flüchtlingsgipfel“ von Bund und Ländern
       am 24. September.
       
       An entscheidenden Punkten sind sich die Ministerien noch nicht einig. So
       verlangt Innenminister Thomas de Maizière (CDU), dass alle Flüchtlinge, für
       deren Asylverfahren (nach den Dublin-Regeln) ein anderer Staat zuständig
       wäre, nur noch den „Reisebedarf“ dorthin erhalten. Gemeint ist eine
       Fahrkarte oder ein Flugticket plus Reiseproviant. Dies gälte für alle
       Flüchtlinge, die etwa über Ungarn, Österreich, Kroatien oder Italien
       eingereist sind und dort registriert wurden.
       
       „Das Bundesinnenministerium schickt die Flüchtlinge, die die
       Bundesregierung zuvor nach Deutschland einreisen ließ, in die
       Obdachlosigkeit und in die soziale Entrechtung“, kritisierte Pro Asyl.
       „Menschen werden entwürdigt, um sie außer Landes zu treiben.“
       
       Die Passage ist aber noch umstritten. Sozialministerin Andrea Nahles (SPD)
       lehnt die Forderung ab. Möglicherweise steht sie nur deshalb im
       Gesetzentwurf, um Empörung auf sich zu ziehen und dann in den Verhandlungen
       gestrichen zu werden, damit das Gesamtpaket gemäßigt wirkt. Umstritten ist
       auch ein ähnlicher Punkt. Wer vollziehbar ausreisepflichtig ist, weil Asyl
       und Abschiebeschutz abgelehnt wurden, soll laut Innenministerium künftig
       ebenfalls nur noch den „Reisebedarf“ erhalten. Das Sozialministerium will
       in diesen Fällen die Leistung dagegen nur auf das beschränken, was „im
       Einzelfall nach den Umständen unabweisbar geboten“ ist. Das entspricht im
       Kern der bisherigen Rechtslage.
       
       ## Immer mehr Nachteile
       
       In beiden Fällen würde auf eine neue „Bescheinigung zur sofortigen
       Ausreisepflicht“ abgestellt (Paragraf 60 b Aufenthaltsgesetz). Diese
       Bescheinigung würde vor allem Fälle erfassen, bei denen der Ausländer
       falsche Angaben machte, zum Beispiel über seine Staatsangehörigkeit, oder
       selbst die Abschiebung erschwert. An diese Bescheinigung sollen künftig
       auch weitere Nachteile geknüpft sein. Wer die Unmöglichkeit der Abschiebung
       nicht zu vertreten hat, soll weiterhin eine Duldung bekommen (Paragraf 60
       a).
       
       Bereits bekannt war, dass die Leistungen für Antragsteller, die in
       Erstaufnahmeeinrichtungen leben, weitgehend auf Sachleistungen oder
       Wertgutscheine umgestellt werden sollen, um „eventuellen Anreizen, aus
       sachfremden Gründen einen Antrag auf Asyl oder subisidiären Schutz zu
       stellen“, entgegenzuwirken. Dies soll nicht nur für Wohnung, Kleidung und
       Nahrung gelten, sondern auch für den „persönlichen Bedarf“, für den bisher
       das sogenannte Taschengeld bezahlt wurde. Die Unterschiede zwischen den
       Ministerien sind hier gering. Das Sozialministerium will hier nur auf
       Sachleistungen umstellen, „soweit es nach den Umständen erforderlich ist“,
       beim Innenministerium heißt es „soweit wie möglich“.
       
       Ansonsten enthält das Gesetzespaket noch viele Einzelpunkte, etwa die
       Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten um Albanien, Montenegro und das
       Kosovo.
       
       17 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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