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       # taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Super Timing, wohin man auch schaut
       
       > „Deutschlands gefährlichste Straßen“ in der „Hörzu“, „Beef“ hilft dem
       > ausgebluteten Spanien und Diekmann ist Diekmann.
       
   IMG Bild: Passt nicht in Diekmanns Welt: Schalke-Fans gegen „Bild“
       
       Hallo taz-Medienredaktion!
       
       Ich bin dieser Tage sehr begeistert zu sehen, wie mannigfaltig die Medien
       versuchen, ihren Beitrag zur schwierigen Lage in Europa zu leisten. Nehmen
       wir die olle Hörzu. Seit 70 Jahren auf dem Posten, bündelt sie zuletzt ihr
       Wissen und stellte „Die schönsten Wanderwege Europas“ zusammen.
       
       Ein super Timing, schließlich sollen die Flüchtlinge auf ihrer Suche nach
       einer Lücke im Grenzzaun wenigstens einen tollen Ausblick haben und in den
       Genuss eines hohen Erholungswertes kommen.
       
       Diese Woche nun kommt das Blatt mit „Deutschlands gefährlichsten Straßen“
       um die Ecke. Was ja wieder sehr, sehr nutzwertig für die Flüchtlinge ist,
       von denen die meisten ja nach Deutschland wollen. Ich nehme an, man hat
       eine Sonderkarte „Osten“ im Programm und zeigt, auf welchen Waldwegen Nazi-
       und Pegida-Schwachmaten in ihren getunten Ford Focus lauern, um die
       Wanderer aus den fernen Ländern über den Haufen zu fahren.
       
       Klasse wäre es natürlich auch, die Erfahrungen der Reisenden – welche Bäume
       vor Regen Schutz bieten, wo sich am besten ungestört hinmachen lässt,
       welche Beeren und Blätter essbar sind – als „Expertentipps“ den Leserinnen
       und Lesern der Fernsehzeitschrift zugänglich zu machen. Das wäre dann eine
       „Win-win-Situation“.
       
       Toll finde ich es auch, wie Gruner+Jahr dem konjunkturell ausgebluteten
       Spanien unter die Arme greift. Dort nämlich wird nun Beef erscheinen, das
       Fleisch-Magazin für Hombres. Wahrscheinlich denkt man sich: „Krise?! Wo
       gekokst wird, da wird auch gekocht!“, und dass ein Mann erst durch Fleisch
       zum Mann wird, ist ja auch klar.
       
       ## „Bollwerk gegen Hass“
       
       Weswegen es schön wäre, das Heft käme bald auch in Nordkorea auf den Markt.
       Nicht, dass das nächste Mal, wenn ein Präsident ins Gras beißt, das Geheule
       wieder so losgeht wie vor ein paar Jahren. Wobei das Heft dort vielleicht
       besser Beef Dogs heißen müsste. Aber auch in der Abteilung „Hunde“ verfügt
       Gruner ja über Expertise, sodass dieser Expansion nichts im Wege stehen
       dürfte.
       
       Ich freu mich schon auf Freitag. Dann nämlich präsentiert der Hammer-Verein
       Pro Quote, in dem ich Mitglied bin, das Ergebnis einer Emnid-Umfrage, bei
       der es darum geht, inwieweit den Bürgerinnen und Bürgern bewusst ist, dass
       die Medien, die nicht über Stars und Hunde berichten, fast ausschließlich
       von Männern gemacht werden. Und wie die das finden. Meine These ist ja,
       dass denen das scheißegal ist. Aber mal sehen. Vielleicht geht ja auch ein
       Aufschrei durch das Land und die Frauen verbrennen aus Protest gegen die
       blöden Zustände ihr Süddeutsche-Abo.
       
       Toll ist ja, wie sich manche Medien immer wieder neu erfinden. Kai Diekmann
       etwa, der in dieser Kolumne langsam so lästig wird wie den Daltons die
       Stahlkugel, hat jetzt eine Neuausrichtung für die Bild-Zeitung gefunden.
       
       Galt das Blatt bislang als DAS Hetzorgan, gibt Diekmann ihm als „Bollwerk
       gegen Hass“ eine neue Identität. Und wer etwas anderes behauptet und
       vielleicht einwenden möchte, dass Bild mit ihrer Hetze gegen Ausländer
       nicht nur das Klima geschaffen hat, in dem Leute es okay finden, wenn
       Flüchtlingsheime brennen, sondern auch eines, in dem Hans und Renate Wurst
       bei Pegida mitlaufen – denn man wird ja noch mal sagen dürfen, was die Bild
       einem eingetrichtert hat –, „der lügt“. So einfach ist das in der
       Diekmann-Welt. Wer nicht unterschreiben will, dass „Bild ein Bollwerk gegen
       Hass“ ist, „der lügt“.
       
       Letzte Woche habe ich mich noch dagegen gewehrt, als „Lügenpresse“
       bezeichnet zu werden. Jetzt trage ich den Titel mit Stolz und gebe mit dem
       Ruf „Lügenpresse! Lügenpresse!“ erhobenen Hauptes zurück nach Berlin!
       
       22 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Silke Burmester
       
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