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       # taz.de -- Kolumne Pressschlag: Angst vor dem Konter
       
       > Alle Bundesligisten tun etwas für Flüchtlinge. Das ist gut. Das bisherige
       > Engagement des Fußballs musste man mit der Lupe suchen.
       
   IMG Bild: Auch die Fans von RB Leipzig machen mit
       
       Der Name der Kampagne sagt vermutlich mehr als man eigentlich verraten
       möchte. „1:0 für ein Willkommen“ heißt die Flüchtlingsinitiative des
       Deutschen Fußball-Bundes, die dieser Tage finanziell erheblich aufgewertet
       wurde.
       
       Die Geschichte mit der Willkommenskultur im deutschen Fußball war bislang
       ja eher eine unentschiedene Angelegenheit. Einst war man gar gefährlich ins
       Hintertreffen geraten, als in deutschen Stadien Affengeräusche und
       fremdenfeindliche Stimmung keine Seltenheit waren. Diverse Anstrengungen –
       gerade auch aus der Fanszene – halfen, einen Ausgleich herzustellen.
       Zuletzt geriet man aber wieder stark unter Druck. In Aachen, Braunschweig,
       Dortmund und andernorts war die rechte Szene dabei, Terrain in der Kurve
       zurückzugewinnen.
       
       Viele der Aufrechten dort fühlten sich in dieser Situation von den Vereinen
       und dem DFB im Stich gelassen. Kein Wunder, die politische Agenda des
       deutschen Fußballs passt schließlich auf einen Notizzettel: Ein bisschen
       Antirassismus, ein bisschen Fair Play, ein paar Rote Karten für Homophobie.
       Alles möglichst plakativ aufbereitet. Die Marketingabteilungen und nicht
       Überzeugungstäter geben die Richtung vor. Mit der Not der Flüchtlinge ist
       den Fußballvereinen und Verbänden nun eine lukrative Chance zugespielt
       worden, auf der Welle der Großzügigkeit mitzusurfen.
       
       Das mag zynisch klingen. Die allgemeine Hilfsbereitschaft ist
       begrüßenswert. Und warum sollen die Klubs nicht auch in Sachen Außenwirkung
       honoriert werden? Warum soll der DFB, der soeben noch 600.000 Euro für
       seine Flüchtlingskampagne bereitgestellt hatte und dann merkte, wie
       prächtig das nicht nur bei den Flüchtlingen ankam, warum soll er wenige
       Tage später die Verdoppelung seines Einsatzes nicht im Fernsehen zur besten
       Sendezeit geloben?
       
       Angesichts der öffentlichen Gefühlsbesoffenheit muss aber auch die
       nüchterne Gegenfrage erlaubt sein: Welcher Profiverein kann es sich denn
       derzeit leisten, keine Hilfsaktion zu initiieren?
       
       ## Ein verdutzter Thomas Müller
       
       Die Klubs stehen unter einem immensen Konformitätsdruck. Beispielhaft dafür
       war etwa kürzlich ein Report der Tageszeitung Die Welt mit dem Titel „Was
       die Bundesliga wirklich für Flüchtlinge tut“. Es werden „Vielfaltswochen“
       ausgerufen, Flüchtlinge ins Stadion eingeladen, Trainingsanzüge und Geld
       gespendet. An vorderster Front: der FC Bayern. Obwohl viele Kapitel des
       Dramas in München geschrieben werden, wo täglich Tausende ankommen, ist
       nicht jeder Bayern-Spieler auf der Höhe des Zeitgeistes.
       
       Thomas Müller war jüngst auf einer Pressekonferenz des DFB verdutzt, als
       eine Reporterin eine Frage mit der Feststellung einleitete, dass die
       Flüchtlingsströme nach Europa ja ein großes Gesprächsthema im Kreis der
       deutschen Nationalmannschaft seien. Auf Nachfrage von Müller, woher sie das
       denn wisse, wurden Bundestrainer Joachim Löw und Teammanager Oliver
       Bierhoff als Kronzeugen benannt. Die Chefs hatten also gesprochen, und der
       gerade geweckter Widerspruchsgeist von Müller erlahmte sofort.
       
       Die Willkommensfraktion scheint derzeit übermächtig. Es sei aber noch
       einmal an die treffliche Einschätzung des Deutschen Fußball-Bunds erinnert:
       Es geht erst einmal um das 1:0. Das Spiel steht auf der Kippe. Ein
       schneller Konter, und es steht 1:1. Willkommenskultur gilt es auch dann zu
       fördern, wenn einem nicht mehr so viel Beifall und Unterstützung gewiss
       ist. In einer derartigen Atmosphäre haben Verbände und Vereine im deutschen
       Fußball bisher eher keine so gute Figur gemacht.
       
       13 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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